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Autor: Augustinus

Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22

Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt

Stichwort: 25. Die Dreiteilung der Philosophie ein Hinweis auf die Trinität

Kurzinhalt: Die drei Teile heißen Physik, Logik und Ethik... Daraus ist nicht zu schließen, daß man bei dieser Dreiteilung schon an Gott und die Dreieinigkeit gedacht habe, obschon Plato ...

Textausschnitt: 25. Die Dreiteilung der Philosophie ein Hinweis auf die Trinität

11/25/1 Anscheinend haben die Philosophen auch aus diesem Grunde die Lehre von der Weisheit für dreiteilig erklärt, oder vielmehr sie als dreiteilig zu erkennen vermocht. Denn sie haben sie sich nicht so zurechtgelegt, sondern vielmehr so aufgefunden. Die drei Teile heißen Physik, Logik und Ethik. Die lateinischen Bezeichnungen dafür, die schon in vielen Schriften eingebürgert sind, lauten: Naturale, rationale und moralische Philosophie, auf deutsch: Naturlehre, Erkenntnislehre und Sittenlehre. Im achten Buche wurden sie schon kurz erwähnt. Daraus ist nicht zu schließen, daß man bei dieser Dreiteilung schon an Gott und die Dreieinigkeit gedacht habe, obschon Plato, der als erster die Einteilung entdeckt und empfohlen haben soll, in keinem andern als in Gott den Urheber aller Wesen, den Verleiher der Einsicht und Spender der Liebe, durch die man gut und selig lebt, erblickte. Jedenfalls, so weit auch ihre Ansichten über die Natur der Dinge, die rechte Weise, die Wahrheit zu erforschen, und das höchste Gut, das das Ziel all unsers Handelns sein muß, auseinandergehen, so richtet sich doch ihr ganzes Bemühen auf diese drei großen, allumfassenden Fragen. Wenn also auch bei ihnen in der Stellungnahme zu jeder dieser Fragen die größte Meinungsverschiedenheit zutage tritt, zweifelt doch keiner daran, daß es überhaupt eine Ursache der Natur, eine Weise des Erkennens und ein Ziel des Lebens gibt. Ein Dreifaches ist es auch, woraufes bei jedem Künstler ankommt, wenn er etwas leistet, die Natur, die Lehre und der Nutzen. Bei der Natur des Künstlers handelt es sich um seine Begabung, bei der Lehre um die Unterweisung, bei dem Nutzen um die Frucht. Ich weiß wohl, daß eigentlich die Frucht Sache des Genusses und der Nutzen Sache des Benutzens ist, und daß man die beiden insofern unterscheidet, daß wir von Genießen reden, wenn uns etwas an sich und nicht um eines anderen willen erfreut, von Benutzen aber, wenn wir etwas um eines anderen willen haben wollen - weshalb man alles Zeitliche mehr benutzen als genießen sollte, um den Genuß des Ewigen zu gewinnen, nicht wie man's verkehrt macht, wenn man das Geld genießen, Gott aber benutzen will, indem man nicht das Geld um Gottes willen hingibt, sondern Gott um Geldes willen verehrt. Trotzdem benutzen wir nach gewöhnlichem Sprachgebrauch auch die Früchte und genießen, was wir benutzen, werden doch Früchte insbesondere die Ackerfrüchte genannt, die wir ja alle zeitlich benutzen. In diesem Sinne möchte ich also, wo es sich um die drei Stücke handelt, auf die es bei einem menschlichen Künstler ankommt, also Natur, Lehre und Nutzen, von Nutzen reden. Das war es, was die Philosophen, die nach dem glückseligen Leben trachteten, auf die Dreiteilung der Wissenschaft brachte, nämlich in Naturphilosophie im Hinblick auf die Natur, rationale Philosophie im Hinblick auf die Lehre, Moralphilosophie im Hinblick auf den Nutzen. Wenn wir also unsere Natur von uns selber hätten, würden wir gewiß auch unsere eigene Weisheit selbst erzeugen und brauchten uns nicht zu bemühen, sie uns durch Belehrung, also durch Lernen woandersher anzueignen, auch würde uns unsere eigene Liebe, von uns ausgehend und uns zugewandt, zum glückseligen Leben genügen, und bedürften wir zu unserem Genuß keines anderen Gutes. Nun aber, da unsere Natur, um zu sein, Gott zum Urheber hat, müssen wir auch, um weise zu sein, ihn zum Lehrer haben, und um glückselig zu sein, wiederum ihn als Spender innerlichster Freuden. (40ff; Fs))

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