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Autor: Voegelin, Eric

Buch: Ordnung, Bewußtsein, Geschichte

Titel: Ordnung, Bewußtsein, Geschichte

Stichwort: Existenz, metaxy, Partizipation an Realität, Realität der Symboe?, konstante Struktur?, Selbstreflexion

Kurzinhalt: Konstante in Geschichte: Struktur der Existenz; Struktur des Zwischen, Sprache der Spannung, Grundaussagen über die Existenz, Reflexion auf sich selbst - Subjektivismus,

Textausschnitt: () Existenz hat die Struktur des Zwischen, des platonischen metaxy, und wenn irgendetwas in der Geschichte der Menschheit konstant bleibt, dann ist es die Sprache der Spannung zwischen Leben und Tod, Unsterblichkeit und Sterblichkeit, Vollkommenheit und Unvollkommenheit, Zeit und Ewigkeit; zwischen Ordnung und Unordnung, Wahrheit und Unwahrheit, Sinn und Sinnlosigkeit der Existenz; zwischen amor Dei und amor sui ...
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Wenn wir diese zusammengehörenden Symbolpaare aufspalten und die Pole der Spannung als unabhängige Gegenstände hypostasieren, zerstören wir die existentielle Realität, ...
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Was in der Geschichte der Menschheit , d. h. in der zeitlichen Dimension der Existenz konstant bleibt, ist die Struktur der Existenz selbst. Und im Hinblick auf diese konstante Struktur können in der Tat gewisse Aussagen gemacht werden. An erster Stelle steht die grundlegende Aussage: (106f; Fs)
(1) Der Mensch partizipiert am Prozeß der Realität.
(2) Der Mensch hat Bewußtsein von der Realität als einem Prozeß, ...
(3) Indem er mit Bewußtsein partizipiert, kann der Mensch Symbole hervorbringen, ...
(4) Der Mensch weiß, daß die Symbole, die er hervorbringt, Teil der Realität sind, die sie symbolisieren: ...
(5) Realität ist nichts Gegebenes, das man von einem Standpunkt außerhalb ihrer selbst beobachten könnte, ...
(6) Die Erfahrung der Realität kann nie total sein, sondern sie hat perspektivischen Charakter.
(7) Die Erkenntnis der Realität, die durch die Symbole vermittelt wird, kann nie zu einem endgültigen Besitz der Wahrheit werden,
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Diese Konfrontation mit einem erkennenden Bewußtsein, dessen Erkennnen in sich selbst eingeschlossen ist, führt notwendigerweise zu folgenden Fragen: Können wir wirklich von einer konstanten Struktur der Existenz sprechen und annehmen, daß die Aussagen, die wir gemacht haben, diese Struktur adäquat ausdrücken? Sind nicht die verwendeten Symbole zugegebenermaßen Bestandteil der Struktur, die sie ausdrücken sollen? Gibt es, losgelöst von der Metaphorik dieser Aussagen, überhaupt eine solche Struktur?
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Die Existenz des Menschen im metaxy von Unvollkommenheit und Vollkommenheit, Zeit und Ewigkeit, Sterblichkeit und Unsterblichkeit ist tatsächlich kein Gegenstand der Sinneswahrnehmung, und die Aussagen eines Bewußtseins, das über seine eigene Partizipationsstruktur reflektiert, sind in der Tat ein Akt der Reflexion auf sich selbst. Aus dieser Lage der Dinge folgt jedoch nicht, daß wir damit in 'Subjektivität' verfallen. Denn der Prozeß der Selbstreflexion, durch den das Bewußtsein für sich selbst durchsichtig wird, ist weder ein Flug der Phantasie, noch sind Symbole, die durch diesen Prozeß hervorgebracht werden, etwa nur noch eine weitere Ideologie oder ein weiterer Entwurf einer 'Zweiten Realität'. Der Akt der Selbstreflexion ist real. Er ist erkennbar auf eine weniger reflektierte Partizipationserfahrung bezogen und auf ihre weniger differenzierte Symbolisierung. Und die Aussagen, die durch diesen Akt hervorgebracht werden, sind erkennbar Äquivalente für die Symbole, die als unbefriedigend erkannt worden waren und deren Mangel an Differenzierung den Akt der Selbstreflexion motiviert hatte. Deshalb können die Aussagen, die aus einem solchen Prozeß der Selbstreflexion hervorgegangen sind, auch objektiv überprüft werden,

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