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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Gottes Leben; sein Erkennen und Wollen

Titel: Die Wahrheit

Stichwort: Wahrheit

Kurzinhalt: Klassischer Text über Wahrheit

Textausschnitt: () ... Deshalb wird durch die Gleichförmigkeit von Verstand und Ding die Wahrheit bestimmt. Diese Gleichförmigkeit erkennen heißt Wahrheit erkennen. Ein Sinn kann diese [Gleichförmigkeit] aber in keiner Weise erkennen. Wenn auch der Gesichtsinn Ähnlichkeit hat mit dem, was es zu sehen gibt, so kann er doch nicht die Beziehung zwischen dem gesehenen Ding und dem, was er davon erfaßt, feststellen. Der Verstand kann aber seine Gleichförmigkeit mit dem erkennbaren Ding erkennen. Diese erfaßt er aber nicht schon damit, daß er das Was-sein des Dinges erkennt. Wenn er jedoch urteilt, das Ding verhält sich so wie die Form, die er von dem Ding erfaßt, dann zuerst erkennt und spricht er Wahres. Und das geschieht durch Zusammensetzen und Trennen. Denn in jeder Satzaussage spricht er eine Form, die er mit einem Aussagewort bezeichnet, einem Ding, welches den Satzgegenstand ausmacht, zu, oder spricht sie ihm ab. Dadurch findet sich wohl bestätigt, daß die Sinnesempfindung von einem Ding wahr ist und auch der Verstand in der Erkenntnis des Wasseins; aber nicht so, als ob er das Wahre erkennt oder ausspricht. Ebenso verhält es sich mit den zusammengesetzten oder nicht zusammengesetzten Wörtern. Die Wahrheit kann also wohl in der Sinneswahrnehmung und in dem das Was-sein erkennenden Verstande sich finden wie in einem wahren Dinge, nicht aber wie das Erkannte im Erkennenden, was der Name des Wahren besagt. Denn die Vervollkommnung des Verstandes ist das Wahre als Erkanntes. Streng gesprochen, ruht also die Wahrheit im zusammensetzenden und trennenden Verstande, nicht aber in der Sinneswahrnehmung und nicht in dem Verstand, der das Wassein erfaßt.

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