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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Wesen und Ausstattung des Menschen

Titel: F1_075 - Der Mensch, wie er aus einer geistigen und einer körperlichen Substanz zusammengesetzt ist

Stichwort: Ist die Seele der [ganze] Mensch? materia (non) signata; der Mensch als aus Leib und Seele Zusammengesetztes

Kurzinhalt: Die Wesensbestimmung drückt aber bei den Naturdingen nicht bloß die Form aus, sondern Form und Stoff. Daher ist der Stoff in den Naturdingen ein Teil der Art, zwar nicht der "bezeichnete" Stoff, welcher Grund der Vereinzelung ist, sondern der ...

Textausschnitt: ANTWORT: Der Satz: "Die Seele ist der Mensch" kann auf zweifache Weise verstanden werden. Einmal so: "Der Mensch" ist die Seele; aber "dieser Mensch" ist nicht die Seele, sondern das aus Seele und Leib Zusammengesetzte, z. B. Sokrates. Dies sage ich deswegen, weil einige behauptet haben, die Form allein gehöre zum Wesen der Art, der Stoff aber sei ein Teil des Einzelwesens und nicht der Art.1 — Das kann nun freilich nicht wahr sein. Denn zur Natur der Art gehört, was durch die Wesensbestimmung ausgedrückt wird. Die Wesensbestimmung drückt aber bei den Naturdingen nicht bloß die Form aus, sondern Form und Stoff. Daher ist der Stoff in den Naturdingen ein Teil der Art, zwar nicht der "bezeichnete" Stoff, welcher Grund der Vereinzelung ist, sondern der allgemeine Stoff [15]. (Fs)

Wie es nämlich zum Begriff "dieses Menschen" gehört, daß er aus dieser Seele und diesem Fleisch und Gebein besteht, so gehört es zum Begriff "des Menschen", daß er aus Seele und Fleisch und Gebein besteht. Denn zum Wesensgehalt der Art muß gehören, was immer gemeinsam zum Wesensgehalt aller in der Art enthaltenen Einzeldinge gehört. (Fs)

Der Satz kann aber auch so verstanden werden, daß "diese Seele" "dieser Mensch" ist. Das könnte aufrecht erhalten werden, wenn man annähme, daß die Tätigkeit der Sinnenseele der letzteren eigentümlich wäre unter Ausschluß des Körpers, weil dann alle Tätigkeiten, die dem Menschen zugeschrieben werden, der Seele allein zukämen. Jedes Ding ist aber das, wodurch die Tätigkeiten dieses Dinges ausgeübt werden. Deshalb ist der Mensch das, wodurch die Tätigkeiten des Menschen vollzogen werden. — Nun ist aber (Art. 3) gezeigt worden, daß das sinnliche Wahrnehmen nicht ausschließlich eine Tätigkeit der Seele ist. Da also das sinnliche Wahrnehmen eine Tätigkeit des Menschen ist, wenn auch nicht eine nur ihm eigene, so liegt auf der Hand, daß der Mensch nicht nur Seele ist, sondern etwas aus Seele und Leib Zusammengesetztes. — Plato freilich, der behauptet hat, das sinnliche Wahrnehmen sei der Seele eigentümlich, konnte die Ansicht aufstellen, der Mensch sei "eine Seele, die sich des Leibes bedient". (Fs) (notabene)

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