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Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Kirche - Reich Gottes; "Logien" Christi; Zusammensetzung des Reiches: Christus, Apostel

Kurzinhalt: Für Jesus bildet die Idee des Reiches den Mittelpunkt ... eine eschatologische Wirklichkeit, die zu erwarten und herbeizuwünschen ist, und um deren Kommen man bitten muß. Zugleich ist es ein "nahendes" Ereignis, ja, es ist bereits angekommen: ...

Textausschnitt: I. Die "Logien" Christi

142b Prüfen wir zunächst die "Logien" Christi: die Worte des Herrn Jesus, die in der synoptischen Katechese, das heißt in der christlichen Lehrweise, die in den Evangelien von Markus, Matthäus und Lukas deutlich wird, niedergeschrieben und bewahrt sind. Es handelt sich um Worte, die zu uns gelangt sind und insgesamt zweifellos auf Jesus zurückgehen, auch wenn sie vom Bewußtsein der Urkirche gefiltert und ihren pädagogischen Bedürfnissen entsprechend ein wenig zurechtgerückt wurden. Manchmal sind diese Abänderungen deutlich zu erkennen, wenn man die verschiedenen Formen desselben "Logion" in den einzelnen Evangelien miteinander vergleicht. (Fs)

A) Das Reich

1. Das Reich

142c Jesus bezeichnet die Heilswirklichkeit, an der der Mensch teilhaben soll, als "Reich", "Reich Gottes" oder "Himmelreich". Der Begriff war nicht unbekannt. Er war in der apokalyptischen jüdischen Literatur des 1. Jahrhunderts sehr verbreitet und wurde vom prophetischen Gedanken des "neuen Bundes" hergeleitet (vgl. Jer 31,31—34; Ez 16,60; Jes 55,3; 61,8). (Fs)

143a Für Jesus bildet die Idee des Reiches den Mittelpunkt: Seine Botschaft ist das euaggelion tEs basileias, das heißt die Botschaft vom Reich. (Fs)

2. Das Reich Israel, das allen Völkern offensteht
Jesus wendet sich hauptsächlich an Israel, das Volk der Verheißungen, die jetzt Wirklichkeit werden. Die Juden sind "die Söhne und Töchter des Reiches". Aber sie können davon ausgeschlossen werden, wohingegen das Reich den anderen offensteht (vgl. Mt 8,11 f.). Nach dem Verständnis Christi geht es von Israel aus, aber dann werden alle Völker einbezogen. (Fs)

Auffallend ist, daß die synoptische Katechese aller drei Zeugen ihre Lehre mit einer ausdrücklich weltumspannenden Sicht des Reiches abschließt:
- Markus: "Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!" (16,15). (Fs)

- Matthäus: "Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern" (28,19). (Fs)

- Lukas: "In seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden" (24,47). (Fs)

3.Ambivalenz des Reiches

Das Reich ist sozusagen eine ambivalente Wirklichkeit, eine eschatologische Wirklichkeit, die zu erwarten und herbeizuwünschen ist, und um deren Kommen man bitten muß. Zugleich ist es ein "nahendes" Ereignis, ja, es ist bereits angekommen: "Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch" (Lk 17,21). Trotzdem ist es keine aufsehenerregende, sensationelle Wirklichkeit: "Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man es an äußeren Zeichen erkennen könnte" (Lk 17,20). Man erinnere sich, daß Jesus ganz bewußt jeden "politischen" Aspekt seiner Reichsidee ausgeschaltet hat. Seine diesbezüglich klare, konstante Haltung ist vielleicht der Hauptgrund, warum seine Zeitgenossen so enttäuscht von ihm waren. (Fs)

4. Zusammensetzung des Reiches

143b Wer trägt und hält das Reich?

- In erster Linie ist es Christus. Seine "mit Vollmacht verkündete neue Lehre" (vgl. Mk 1,27), seine Wundertaten, seine "eschatologischen Zeichen", seine Macht, Sünden zu vergeben, machen das Reich schon gegenwärtig. Besonders deutlich wurde es durch seine Herrschaft über die Dämonen: "Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen" (Mt 12,28). (Fs)

144a
- Dann sind es die "Zwölf, eine ausgewählte, unverkennbare Gruppe, die Jesus als Grundpfeiler des "neuen Israel" vorstellt (vgl. Mt 19,28). (Fs)

- Und es gibt die erweiterte Gruppe der "Jünger", die Jesus nachfolgen, seine Lebensweise teilen und in die "Geheimnisse des Himmelreiches" eingeführt werden (vgl. Mt 13,11). In der Fassung von Lukas werden die Jünger genau nach ihrer Anzahl (70 oder 72), Auswahl und Bestimmung durch den Herrn angegeben. Die Zahl der Apostel erinnert an die Stämme Israels, und die Zahl der Jünger ist ein Hinweis auf die Universalität der Völker der Erde. (Fs)

- Schließlich gibt es noch die Menge der Zuhörer Jesu, die ihm folgte und von ihm durch sein Wort und auch durch sein Brot gespeist wurde. Es ist eine gemischte Menge von Kranken, Sündern, Leuten aller Art, die dem Evangelium gegenüber unterschiedlich reagieren, wie es im Gleichnis vom Sämann gut beschrieben wird. (Fs)

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