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Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Der Heilige Geist (objektive Seite); apostolische Sendung; Sakramente; Heilige Schrift; Charismen; objektive" und "subjektive" Heiligkeit

Kurzinhalt: Während die subjektive Heiligkeit im innersten Geheimnis des Menschen ihren Sitz hat und oft unsichtbar ist, ist die objektive Heiligkeit äußerlich wahrnehmbar oder wenigstens lokalisierbar ... Die "Apostel" mögen unwürdig sein, aber ihre Sendung ...

Textausschnitt: Theologische Reflexion

Die "objektive" Heiligkeit

136b
7. Der Heilige Geist, den der Herr Jesus aus dem Geheimnis des Vaters aussendet, ruft in der Welt nicht nur die subjektive Heiligkeit des Menschen hervor, d. h. die Übereinstimmung des Handelns, der inneren Fähigkeiten und der ganzen Gesinnung mit dem Willen Gottes. In der Zeit, d.h. solange der Kampf noch nicht beendet ist, die Mächte des Bösen tätig und feindselig, die Herzen schwach und wankelmütig sind, sorgt der Erlöser dafür, daß die Ausgießung des Heiligen Geistes unter uns eine "objektive Heiligkeit" sicherstellt, eine Anpassung an den Heilsplan, die ihrer Natur nach unabhängig ist von den wechselnden Entscheidungen des Menschen. Es handelt sich um eine feststehende Gnade, die durch Untreue und Abtrünnigkeit nicht gefährdet wird. Es ist der vielfältige Reichtum der objektiven Heiligkeit, eine Zuflucht und Labung für den müden Pilger, ein uneinnehmbarer Stützpunkt für den entmutigten Kämpfer, ein Leuchtturm für die Verirrten. (Fs) (notabene)

136c Während die subjektive Heiligkeit im innersten Geheimnis des Menschen ihren Sitz hat und oft unsichtbar ist, ist die objektive Heiligkeit äußerlich wahrnehmbar oder wenigstens lokalisierbar. Ja, durch die objektive Heiligkeit erhält die Erlösung einen Wohnsitz und eine für alle erkennbare Adresse. (Fs)

Die apostolische Sendung
137a

8. Sündenvergebung und ewiges Heil sind für die Menschheit feste Angebote der apostolischen Sendung, die die erste "heilige" Frucht der Erlösung und der Ausgießung des Geistes ist. "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch... Empfangt den Heiligen Geist", sagt der Auferstandene bei seiner ersten Erscheinung vor den Zwölf (Joh 20,21.22). (Fs)

Wie man sieht, entspringt dieser Impuls, der eine Gruppe von Männern erfaßt, dem Leben der Dreifaltigkeit: Der Antrieb, mit dem der Vater den Sohn zeugt, wird in diesem für uns konkretisierten Liebesplan ein Geschenk an die Welt, das sich seinerseits in der Sendung der Zwölf und in der ununterbrochenen Reihe ihrer Nachfolger Jahrhunderte hindurch fortsetzt. (Fs)

Aus diesem Netz von "Sendungen", das in der Zeugung des Wortes seine Wurzel hat, fügt und setzt sich das Volk Gottes, das "von oben" gerettete Volk, zusammen. (Fs)

Auf diese Weise werden die "Apostel" eingesetzt, d. h. diejenigen, die nicht von der Gemeinschaft, sondern von Christus, dem großen Gesandten des Vaters, "gesandt" sind. In ihnen ist das "Charisma Petri" unvergänglich, mit dem einer von ihnen bekleidet ist. Er ist der Bezugspunkt, der die substantielle Einheit im Werk der Heiligung, im Lehr- und Leitungsamt für das Volk der Erlösten sicherstellt. (Fs)

Gerade der apostolische Sendungsauftrag ist das sichere Zeichen, daß in der Welt die Heilskraft des Geistes, d.h. der Wahrheit und der Gnade, fortlebt. (Fs)

137b Die "Apostel" mögen unwürdig sein, aber ihre Sendung bleibt "heilig", das heißt, sie bleibt geistlich wirksam und wird nie aufhören, in der Gnade des von Christus gesandten Geistes objektiv Heilsträgerin zu sein. (Fs)

Die Sakramente

138a
9. Die österliche Ausspendung des Geistes schenkt der Menschheit die Sakramente, das sind Handlungen, in denen der Herr Jesus gerade durch den Geist stets gegenwärtig ist und handelt, so daß in ihnen das Erlösungswerk unweigerliche Wirkung hat. Wenn die Handlung in der von Christus gewollten Form vollzogen wird, wird die Kraft des Sakraments weder durch ungünstige Disposition des menschlichen Verwalters noch durch äußere Verunstaltungen des Ritus beeinträchtigt. Das Gesetz der Heiligung bestätigt uns, daß wir hier unweigerlich Gnade finden: die Gnade für die Erneuerung des Menschen und für den Aufbau seiner christlichen Persönlichkeit in der Taufe und in der Firmung; die Gnade, mit Christus, dem Erlöser, und mit seinem Opfer in der Eucharistie in wirkliche, lebendige Gemeinschaft zu treten; die Gnade, die nach der Taufe begangenen Verfehlungen in der Buße zu überwinden; die Gnade, durch die Krankensalbung die Krankheit als übernatürliche Quelle der Reinigung und inneren Bereicherung zu erfahren; die Gnade, in der neuen Wirklichkeit des christlichen Ehebundes konsequent zu leben; die Gnade, als geweihte Priester als fügsame Werkzeuge des Geistes in das Netz der "apostolischen Sendung" aufgenommen zu werden. (Fs)

Und jede dieser Handlungen läßt den gläubigen Empfänger gewiß wachsen, wenn er sich nicht willentlich widersetzt, dem auferstandenen Christus ähnlich zu werden und an seinem Leben teilzuhaben. (Fs)

138b In den Sakramenten bewahrheitet sich das Gesetz der Heiligung nicht nur in der Handlung selbst, sondern auch in demjenigen, der ihr Empfänger und Ziel ist. Nachdem er ein Sakrament gültig empfangen hat, ist er nicht mehr in derselben Situation wie vorher. Seine objektive Beziehung zu Christus hat sich verstärkt und gefestigt, unabhängig von der größeren oder geringeren Treue gegenüber der empfangenen Gnade und sogar von seinen eventuellen Sünden. Diese "heiligmachende" Wirkung ist besonders deutlich und bestimmend in den Sakramenten der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe, die "das Prägemal aufdrücken". Das heißt, sie verleihen ein besonderes inneres Kennzeichen der Ähnlichkeit mit Christus, das nicht mehr auszulöschen ist. Kraft dieses unauslöschlichen "Charakters" wird derjenige, der untreu geworden ist, ständig aufgerufen, sich mit dem inneren Anspruch, der in sein Wesen nunmehr für immer eingeprägt ist, wieder in Einklang zu bringen. (Fs) (notabene)

Die Heilige Schrift

139a
10. Das Handeln des Heiligen Geistes bewirkt eine weitere objektive Gegenwart Gottes, des Erlösers, in der Heiligen Schrift. In den Seiten der Bibel ist das Wort Gottes in besonderer Weise enthalten und wird allen Menschen mit der Garantie der Authentizität und Unfehlbarkeit angeboten. (Fs)

Die göttliche Offenbarung findet sich aber nicht nur dort. Die Heilswahrheit hat Auswirkungen auf die ganze Menschheit, die schwer zu kontrollieren sind. Übrigens ist die "gute Nachricht" auch der Niederschrift des Evangeliums vorausgeeilt und wurde von dort aus weiterverbreitet. Die kirchliche "Tradition" setzt in Wirklichkeit hier an. (Fs)

Stets verfügbar für alle, die sie aufrichtig suchen, ist die Heilswahrheit mit Sicherheit in den heiligen Schriften. Auch das ist eine "heiligmachende" Wirkung. Die Gegenwart des Wortes Gottes in der Bibel geht der inneren Befindlichkeit des Lesers voraus und ist von ihr unabhängig. (Fs)

Die Charismen

11. Auf die "heiligmachende" Wirkung des Geistes sind auch die echten Charismen zurückzuführen, die er unter den Menschen hervorruft. (Fs)

Weil diese Gaben dem einzelnen "zum Nutzen" des kirchlichen Leibes verliehen werden, sind die Charismen für sich allein nicht rechtfertigend und auch kein Zeichen der Rechtfertigung. Theoretisch könnte ein Mensch mit seinem Charisma zur Heiligung der anderen beitragen, ohne selbst in der Liebe zu wachsen. Die Charismen zeigen also nicht notwendigerweise die Gegenwart Gottes im Herzen des Menschen an, offenbaren aber das phantasievolle Wirken des Heiligen Geistes in der Gemeinschaft der Gläubigen. (Fs)

139b Das Neue Testament berichtet von Charismen, die einen ständigen Zustand darstellen, wie die Ehe, der Zölibat der Hingabe, die durch Handauflegung erteilte Weihe (vgl. 1 Kor 7,7; 2 Tim 1,6). (Fs)

140a Auch das apostolische Dienstamt wird durch ein Charisma gestützt, wie man sieht. Ja, diesem Charisma ist die Aufgabe übertragen, alle vom Heiligen Geist ausgespendeten Charismen zu erkennen, zu regeln und in Einklang zu bringen. (Fs)

Weiter gibt es Charismen, die, ohne einen Stand zu gründen, für den Menschen, die ihren wohltuenden Einfluß offenen Herzens annehmen, eine wertvolle Hilfe sind. Im Neuen Testament wird von vielen solchen Charismen berichtet, die sehr unterschiedlich sind. Sie bezeugen die unerschöpfliche und vielfältige Weisheit des Vaters und sein Erbarmen gegenüber unserer Armut (vgl. 1 Kor 12,4-11). (Fs)

"Objektive" und "subjektive" Heiligkeit

12. Man sollte aber nicht meinen, daß "objektive" und "subjektive" Heiligkeit zwei voneinander unabhängige Auswirkungen von Pfingsten seien. Im Gegenteil, sie sind eng miteinander verbunden. Aber die "objektive" Heiligkeit wird nur dann wirksam, wenn sie tatsächlich Quelle, Nahrung und Schutz der "subjektiven" Heiligkeit ist. (Fs)

140b Wer mit der apostolischen Sendung beauftragt ist, muß gleichsam von Natur aus "subjektiv" heilig sein. Wie immer er sich verhalten mag, er bleibt "Apostel" (Bischof oder durch abgestufte Teilhabe Priester oder Diakon); aber er muß sich getreu seinem Charisma verhalten. Wer ein Sakrament empfängt, muß es so empfangen, daß sich in ihm wirklich das göttliche Leben kräftigt und ausdehnt. Wer im Ehebund oder in geweihter Jungfräulichkeit lebt, darf sich nicht so sehr des empfangenen Geschenkes rühmen, sondern muß den Anforderungen der Heiligkeit entsprechen, die mit dem eigenen Stand verbunden sind. Wer die Heilige Schrift liest, muß sich darum bemühen, daß das von sich aus immer wirksame Wort Gottes in ihm wahrhaftig den Glauben stärkt und belebt. Dabei ist nie zu vergessen, daß dieser vielfältige und überströmende Reichtum aus der Ausgießung des Heiligen Geistes hervorquillt, der vom auferstandenen Christus kommt: "Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist" (1 Kor 12,4; vgl. G. Biffi, Io credo, Mailand 1980, S. 163-167). (Fs)

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