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Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Aufgefahren in den Himmel 1; begriffliche Weitergabe in vielfachen Ausdrucksweisen; Brief an d. Hebräer (Christus, Hohepriester); Soteriologie: östliches (Menschwerdung, Himmelfahrt) - westliches Denken (Anselm)

Kurzinhalt: ... während der Kreuzestod der Augenblick der Selbstaufopferung Jesu ist, stellt die Himmelfahrt den Augenblick des Opfers dar ... e nicht die Erhöhung Christi gedanklich in den Vordergrund stellt. Aber leider ist zu sagen, daß es die Theologie ...

Textausschnitt: 95b Fülle und Vielfalt der Sprache sind ein Beweis dafür, daß diese Gewißheit im Glaubensgut der ersten Christen tief verwurzelt und allgemein verbreitet war. Es handelt sich nicht um eine rein schriftstellerische und terminologische Tradition, sondern um eine begriffliche Weitergabe in vielfachen Ausdrucksweisen; oder, mit anderen Worten, es handelt sich um einzelne katechetische Traditionen, die darin übereinstimmen, daß die Auferstehung Jesu von Nazaret eine himmlische Erhöhung zur Folge hat. (Fs) (notabene)

11. Wir haben bisher die Version des Briefes an die Hebräer unberührt gelassen, aber nicht weil sie ohne Bedeutung wäre; im Gegenteil, sie ist der interessanteste Fall für die theologische Forschung. Christus hat, diesem Brief nach, "die Himmel durchschritten" (4,14: dielElythota tous ouranous): Das ist dieselbe Überlieferung, nur mit ungewöhnlichen Worten ausgedrückt. (Fs)

Dieses Bild ist außerordentlich faszinierend, seine Interpretation dogmatisch stimmig: "Denn Christus ist nicht in ein von Menschenhand errichtetes Heiligtum hineingegangen, in ein Abbild des wirklichen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor Gottes Angesicht zu erscheinen" (Hebr 9,24). (Fs)

Der Autor beschreibt die vom Sohn Gottes gewirkte Erlösung als eine priesterliche Handlung: "Die Hauptsache dessen aber, was wir sagen wollen, ist: Wir haben einen Hohenpriester, der sich zur Rechten des Thrones der Majestät im Himmel gesetzt hat. Als Diener des Heiligtums und des wahren Zeltes, das der Herr selbst aufgeschlagen hat, nicht etwa ein Mensch" (Hebr 8,1-2). (Fs)

95c Die Erlösung wurde durch ein einziges und völlig ausreichendes Opfer bewirkt; und während der Kreuzestod der Augenblick der Selbstaufopferung Jesu ist, stellt die Himmelfahrt den Augenblick des Opfers dar, das er, der Hohepriester, im Heiligtum vollbracht hat; einen Augenblick, der sozusagen in Ewigkeit währt und die ständige Quelle der ganzen Heilskraft bildet, die die Geschichte vorantreibt. Das hier dargestellte Muster ist der jüdischen Liturgie im Jerusalemer Tempel entnommen: "Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; und durch das erhabenere und vollkommenere Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht, das heißt nicht von dieser Welt ist, ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt. Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, das sie leiblich rein werden, wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makeloses Opfer dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen" (Hebr 9,11-14). (Fs) (notabene)

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12. Diese Sicht des Heilsereignisses ist zu bewundern, weil sie den ganzen Gehalt der geoffenbarten Lehre deutlich macht und bekräftigt und die vom Wort Gottes gebotenen Angaben systematisch zusammenfaßt. Bei näherer Betrachtung ist es in dieser Sicht gerade die Himmelfahrt, die dem Opfertod auf Golgota formal seine Natur als Opfer verleiht, so daß eine Soteriologie undenkbar wäre, die nicht die Erhöhung Christi gedanklich in den Vordergrund stellt. Aber leider ist zu sagen, daß es die Theologie im großen und ganzen nie verstanden hat, sich dieses erhellenden Beitrags zu bedienen. Das östliche Denken hat unter dem Einfluß von Johannes stärker die Anziehungskraft der Menschwerdung verspürt und diese verstanden als das entscheidende Ereignis der Wiederherstellung des von der Sünde entheiligten Universums. Es hat aber immer großes Gewicht auf die Auferstehung des Herrn als Anfang der Erneuerung von allem gelegt. (Fs) (notabene)

96b Das westliche Denken hat besonders nach der Synthese des Anselm eine Soteriologie entwickelt, in der es den "Verdienst", die Gott zu leistende "Genugtuung", und das Opfer, d. h. das aus Liebe angenommene Leiden und Sterben, hervorhob. Dieser Ansatz beschränkt die Suche nach der soteriologischen Bedeutung auf das, was Christus während seines Daseins auf Erden vollbracht hat, und stellt den ontologischen Aspekt der Erlösung in den Hintergrund. (Fs) (notabene)

97a Natürlich sind alle diese Elemente wichtig, und keines darf vernachlässigt werden. Tatsächlich wird auch nichts ausgelassen. Aber ein umfassendes Verständnis, das vor allem in der Schule dieses großen und unbekannten Theologen, des Verfassers des Briefes an die Hebräer, entstanden ist, könnte zweifelllos von Nutzen sein. (Fs)

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