Datenbank/Lektüre


Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Glaube, Glaubensakt (im Licht der Offenbarung); AT (Abraham, Dekalog); NT

Kurzinhalt: Sich Jesus öffnen und im Glauben "ihn sehen" ist die einzige Möglichkeit, "den Vater zu sehen" und seine Offenbarung aufzunehmen:

Textausschnitt: B) Im Licht der Offenbarung

29d
1. In der alttestamentlichen Offenbarung bedeutet "an Gott glauben" oder "in Gott glauben": im eigenen Lebensinneren den einzigen und konkreten Gott aufzunehmen, der sich zuerst als ein Gott des Familienstammes (Erzählungen der Patriarchenzeit) und dann als ein Gott des ganzen Volkes (Befreiungsepos) manifestiert hat. Dieser Glaube ist volle Zustimmung, aus der Treue, Vertrauen und Sicherheit erwächst. (Fs) (notabene)

30a Typisches Beispiel dieses Glaubens ist Abraham: Er "glaubte dem Herrn, und der Herr rechnete es ihm als Gerechtigkeit an" (Gen 15,6). (Fs)

Dieses "Sich der göttlichen Initative Überlassen", was natürlich das Überzeugtsein von der Allmacht und Herrschaft Gottes über die Dinge voraussetzt, wurzelt also ursprünglich in einer moralischen Tugend, ja, es ist die hauptsächliche Quelle der Moralität und der Maßstab für die "Gerechtigkeit". (Fs)

30b Es wird also zunächst nicht der verstandesmäßige Aspekt hervorgehoben, obwohl er als Voraussetzung schon mitenthalten ist. Auch der biblische Ausdruck "den Herrn erkennen", was dasselbe bedeutet, ist im semitischen Sinn zu verstehen, und d. h., nicht nur "einen Gegenstand ideal darzustellen" (wie es in der griechischen Kultur der Fall ist), sondern meint auch dessen Besitz, Erfahrung und existentielle Gemeinschaft. (Fs)

Dasselbe gilt für das erste Gebot des Dekalogs, der gerade diese grundlegende Beziehung mit Gott zum Inhalt hat. Das Gebot: "Du sollst neben mir keine anderen Götter haben" (Ex 20,3), will nicht so sehr einen theoretischen und gedanklichen Monotheismus als vielmehr einen "lebenspendenden Monotheismus" einsetzen. Aber die monotheistische Philosophie war natürlich inbegriffen und sollte in späterer Zeit offenbar werden (z. B. Dt 4,35 : "Jahwe ist der Gott, kein anderer ist außer ihm"). (Fs)

30c
2. Die christliche Urgemeinde scheint sich des kontinuierlichen göttlichen Eingreifens und der wesentlich einstimmigen Aussage bewußt gewesen zu sein, die sich aus der Berufung Abrahams bis zum Erscheinen Christi entwickelt hatte. Aber sie scheint sich ebenso des Qualitätssprungs bewußt gewesen zu sein, der durch die Botschaft des Evangeliums vollzogen wurde, sowie der Tatsache, daß die Offenbarung des Gottessohnes allumfassend ist: "Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn" (Hebr 1,1). "Wenn ihr das lest, könnt ihr sehen, welche Einsicht in das Geheimnis Christi mir gegeben ist. Den Menschen früherer Generationen war es nicht bekannt; jetzt aber ist es seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist offenbart worden" (Eph 3,4-5). (Fs)

31a Sich Jesus öffnen und im Glauben "ihn sehen" ist die einzige Möglichkeit, "den Vater zu sehen" und seine Offenbarung aufzunehmen: "Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht" (Joh 1,18). Analog zu dem von Abraham und seiner "Gerechtigkeit" Gesagten wird allerdings mit viel mehr Nachdruck und einem die alte Offenbarung weit übersteigenden Ausblick verkündet, daß allen, die das Wort aufnehmen, das in die Welt kommt, und an seinen Namen glauben, die Macht gegeben ist, Kinder Gottes zu werden (vgl. Joh 1,12). (Fs)

31b Wie das alte Israel (das damals auch unter dem Einfluß des griechischen Denkens stand; vgl. z. B. Weish 13,1-9 ), so weiß auch das "neue Israel", daß "es ohne Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, muß glauben, daß er ist und daß er denen, die ihn suchen, ihren Lohn geben wird" (vgl. Hebr 11,6). Aber das neue Israel weiß auch (und das ist die eigentliche christliche Neuheit), daß in Jesus von Nazaret die ganze Offenbarung des Vaters und seines Heilsplans zusammengefaßt und zugänglich gemacht wurde: "Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen" (Joh 14,9). Und Israel weiß ebenfalls, daß die persönliche Kenntnis, die Jesus vom Vater hat, für uns der notwendige Anfang der übernatürlichen Kenntnis ist: "Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will" (Mt 11,27). (Fs)

____________________________

Home Sitemap Lonergan/Literatur Grundkurs/Philosophie Artikel/Texte Datenbank/Lektüre Links/Aktuell/Galerie Impressum/Kontakt