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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Natur als Grundlage der Moral

Titel: Natur als Grundlage der Moral

Stichwort: Das Objekt als Ziel des Willens; Verwechslung von "ordo specificationis" und "ordo executionis"

Kurzinhalt: Der Wille, der sich auf einen ihm äußeren Akt als "actus imperatus" erstreckt, ist also nicht aus sich heraus Ursache der "bonitas moralis" dieses äußeren Aktes ...

Textausschnitt: 96a Der Wille, der sich auf einen ihm äußeren Akt als "actus imperatus" erstreckt, ist also nicht aus sich heraus Ursache der "bonitas moralis" dieses äußeren Aktes, etwa im Sinne eine "finis operantis", die einem vormoralischen "exterior event" die sittliche Qualität einer Intention verleihen würde.1 Denn Ziel des Willens ist zunächst einmal die ihr von der Vernunft angebotene "materia circa quam" als "materia debita" ihres Imperiums. Die eben erwähnte Fehlbeurteilung entspringt der Verwechslung von "ordo specificationis" und "ordo executionis". Denn, wie Thomas betont, stammt das sittliche Gutsein des äußeren Aktes aufgrund der "materia debita" und den "circumstantiae debitae" nicht vom Willen, sondern vielmehr von der Vernunft.2 Denn der äußere Akt ist Objekt des Willens, insofern - und nur insofern - er dem Willen als ein durch die Vernunft erfaßtes und geordnetes Gut vorgelegt wird; in dieser Ordnung der sittlich-objektiven Spezifizierung liegt also das "bonum rationis" vor dem "bonum voluntatis". In der Ordnung der Ausführung einer Handlung jedoch ist dies umgekehrt: hier wird das Gutsein des äußeren Aktes gerade durch den Willen bewirkt, der, wenn er einmal durch die Vernunft spezifiziert ist, seine "bonitas" auf den von ihm gewollten äußeren Akt überträgt, der ja nur insofern eine sittliche Qualität besitzt, als er gewollt (ein "volitum") ist; die sittliche Qualität des Handelns ist unter diesem Gesichtspunkt also eine Folge des inneren (elektiven und intentionalen) Willensaktes.3 (Fs)

Fußnote (aus Absatz 96b):
15 Hier liegt vielleicht die entscheidende Fehlüberlegung von Janssens; er unterstellt nämlich, daß der Wille sich auf "ontische" Güter als ontische richten könne, daß es also möglich sei, "per se" ontische Übel qua ontische zu wollen, diese zum "finis intentionis" zu erheben; und darin, und nur darin, liege dann auch sittliche Bosheit. Eine solche Objektivierung ontischer Güter durch den Willen, unter Ausschluß einer moralisch qualifizierenden und spezifizierenden "ordinatio der Vernunft, ist jedoch unmöglich und widerspricht der Natur des menschlichen Willens als "appetitus in ratione" oder "appetitus intellectualis". Die Argumentation Janssens' ist also naturalistisch. Wir werden auf dieses Problem in Teil II, Kap. 7 zurückkommen.

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