Datenbank/Lektüre


Autor: Sala, Giovanni B.

Buch: Kontroverse Theologie

Titel: Kontroverse Theologie

Stichwort: (eg: Seelsorgeraum, Pastoralassistent); der Pfarrbeauftragte; Limburger "Pfarrbeauftragtenkonzept"; Priestermangel - Laien, Seelsorge

Kurzinhalt: Trotz der begrifflich-juristischen Absicherung sind die Pfarrbeauftragten de facto Pfarrer(innen) ihrer Gemeinden mit priesterlichen Assistenten.

Textausschnitt: 1. Einleitung: Der Pfarrbeauftragte

155a Die provisorische Betreuung von Pfarrgemeinden durch Laien ist nichts Neues. Sie wird schon seit längerem in den Diözesen Bamberg, München, Limburg, Trier und für Österreich in Linz praktiziert. Bisher geschah dies immer in Abhängigkeit von der leitenden Tätigkeit eines Priesters, der mit den Vollmachten eines Pfarrers die Leitung der Seelsorge innehatte, auch wenn er nicht immer am Ort präsent sein konnte1. (Fs)

155b In eine neue Phase tritt die Zuteilung der Amtsvollmachten an Laienkräfte, wenn man, wie es vor einiger Zeit im Bistum Limburg geschah, ein Statut erstellt, das die selbständige Gemeindeleitung durch "Pfarrbeauftragte" vorsieht, deren Leitungsvollmacht, abgesehen von den an die Weihevollmacht gebundenen Formen der Sakramentenspendung, vom geweihten Amt faktisch entkoppelt ist2. (Fs)

156a Was ist das Neue an dieser Zuteilung von Leitungskompetenz an Laien? Zwar haben Laien bisher schon als Kontaktpersonen am Ort faktisch Gemeinden geleitet, aber immer unter der grundsätzlichen Leitung eines Priesters, auch dann, wenn dieser nur wenig konkret in Erscheinung trat, weil er sich um die Gemeinde nicht intensiv kümmern konnte. Nun aber sollen Laien prinzipiell die Möglichkeit erhalten, Gemeinden eigenständig im Bereich der Seelsorge zu leiten. Zwar gibt es, um dem Kirchenrecht Genüge zu tun und die neue Planung juristisch nicht direkt angreifbar zu machen, auch im Limburger "Pfarrbeauftragtenkonzept" einen Priester, der pro forma die pfarrliche Seelsorge leitet. (Fs)

156b Dieser "leitende Priester" nimmt aber seine Funktion in der Gemeinde bloß nebenamtlich wahr. Nur für die Oberaufsicht zuständig, erfüllt er - häufig auch innerhalb der Liturgie selbst - nur noch den allerletzten Kernbestand der Sakramentenspendung, der nicht mehr delegierbar ist. Alles andere wird vom Pfarrbeauftragten übernommen: Katechese, nichtsakramentale Gottesdienste, in der Eucharistiefeier häufig auch die weitgehende Durchführung des Wortgottesdienstes bis hin zur Homilie (nicht selten läßt der zelebrierende Priester ihn auch Teile des Hochgebetes sprechen), Tauf- und Traugespräche, Beerdigungen, Seelsorgsgespräche, die vielfältig anfallenden praktisch-verwaltungsmäßigen Entscheidungen - eben all das, wozu die Konsekrations- bzw. Absolutionsvollmacht nicht zwingend erforderlich ist. Ungeschminkt besehen bedeutet dies: Trotz der begrifflich-juristischen Absicherung sind die Pfarrbeauftragten de facto Pfarrer(innen) ihrer Gemeinden mit priesterlichen Assistenten3. (Fs)

156c Das Resultat der vorliegenden Untersuchung kann wie folgt vorweggenommen werden: Das Neue an "Pfarrbeauftragtem und ihm anvertrauter Pfarrei" ist in seinem Inhalt und seiner realen Tragweite für die katholische Kirche durch ein Doppeltes gekennzeichnet:
1) Die Pfarrei ist auf Dauer ohne Priester und wird deshalb durch einen Laien betreut, der als Seelsorger selbständig in allem handelt, was nicht unbedingt das Weihesakrament erfordert. Letzteres kann weder von der Situation her, die es veranlaßt hat, noch (weniger) von der Person her, die den geweihten Hirten ersetzt, für bloß vorläufig gehalten werden. Ein Priester leitet weitgehend nur nominell die pfarrliche Seelsorge. Rein juridisch entspricht dies der Vorgabe von c. 517, 2. (Fs)

2) Infolge des andauernden Priestermangels und nicht minder infolge der bereits in Gang gesetzten "Weiterentwicklung" des Weiheamtes durch neue "pastorale Dienste", die keineswegs als vorläufige Notlösung sich etablieren, geht die Einrichtung des Pfarrbeauftragten im Umfeld der zunehmenden Übernahme der Seelsorge durch Laien dahin, allmählich die pastorale Tätigkeit in der Kirche von Grund auf zu ändern. Weil nun die ganze Pastoral in ihren Formen und in den dafür beauftragten Personen größtenteils abseits von den Sakramenten geschieht, ist die sakramentale Natur der Kirche, zusammen mit dem Prinzip der apostolischen Sukzession, tief tangiert. Aller menschlichen Voraussicht nach ist die Umwandlung der katholischen Kirche in eine protestantische Form von Kirche, ja auch in ein "freies" Kirchentum vorprogrammiert. Dieses zweite Kennzeichen geht offenkundig über den Sinn des c. 517,2 hinaus. Die zunächst eher pragmatische und vorläufige Notlösung setzt in der Tat - zumindest im Kontext der deutschsprachigen Länder - eine Dynamik frei, die für die katholische Kirche zerstörerisch wirkt. (Fs)

157a Im folgenden soll deshalb die Frage diskutiert werden, ob mit dem in Limburg schon vollzogenen und in anderen Diözesen geplanten Schritt nur juristisch Wirklichkeit wird, was auch vorher schon Praxis war, oder ob wir es hier nicht doch mit einer eklatanten Neuerung zu tun haben, durch die dem Weiheamt eine unter gewissen Bedingungen ersetzbare Funktion zugewiesen wird. Gibt es damit überhaupt noch eine nachvollziehbare theologische Grenze der Laienkompetenz in der Kirche? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Regelung für das kirchliche Leben?

____________________________

Home Sitemap Lonergan/Literatur Grundkurs/Philosophie Artikel/Texte Datenbank/Lektüre Links/Aktuell/Galerie Impressum/Kontakt