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Autor: May, Georg

Buch: Die Ökumenismusfalle

Titel: Die Ökumenismusfalle

Stichwort: Luther; Protestantismus, Religionsfreiheit; Bündnis mit den Mächten der Welt; Verfassung: Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark

Kurzinhalt: Der religiöse Zwang wurde nirgends lückenloser und nachhaltiger angewandt als in den protestantischen Territorien. So erklärt es sich, daß es zwar einen Kryptoprotestantismus in katholischen Ländern ...

Textausschnitt: IV. Mangelnde Religionsfreiheit

73a Die verbreitete Meinung, die protestantische Bewegung habe die Freiheit der Religion gebracht, ist ein Märchen. Der Protestantismus brachte nicht die Freiheit, sondern die Zweiheit der Religionen. Der religiöse Zwang wurde nirgends lückenloser und nachhaltiger angewandt als in den protestantischen Territorien. So erklärt es sich, daß es zwar einen Kryptoprotestantismus in katholischen Ländern, aber (soweit wir wissen) keinen Kryptokatholizismus in protestantischen Gebieten gab. Der Protestantismus hat sich von Anfang an der staatlichen Machtmittel bedient, um die Menschen von der katholischen Kirche loszureißen und sie bei seinem Religionssystem zu halten. Von Gewissens- und Religionsfreiheit wollte er nichts wissen, wenn sie zugunsten des katholischen Glaubens angerufen wurde. Wo es möglich ist, sucht der Protestantismus auch heute das Bündnis mit den Mächten dieser Erde, seien es Medien, Parteien und Strömungen des Zeitgeistes, sei es der Staat. In vielen Ländern mit protestantischer Mehrheit ist selbst in der Gegenwart die Religionsfreiheit nicht gewährleistet. Die Verfassung von Norwegen bezeichnet die lutherische Konfession als die öffentliche Religion des Staates. Die Einwohner, die sich zu ihr bekennen, sind verpflichtet, ihre Kinder in derselben zu erziehen (Art. 2 Abs. 2). Der König soll die lutherische Religion bekennen, sie ausüben und beschützen (Art. 4). Von den Mitgliedern des Staatsrats müssen sich mehr als die Hälfte zur Staatsreligion bekennen (Art. 12 Abs. 2). In Schweden ist die lutherische Kirche immer noch privilegiert und besitzt eine Sonderstellung. Die "Bischöfe" werden von der Regierung ernannt. Auch in Finnland bestehen für das Luthertum noch Elemente der Staatskirche. So ernennt z.B. der Präsident die lutherischen Bischöfe. Nur die lutherische und die orthodoxe Kirche werden von der Verfassung erwähnt. In Dänemark ist die lutherische Kirche nach der Verfassung "die dänische Volkskirche" und wird als solche vom Staat unterstützt (§ 4). Der König soll ihr angehören (§ 6). In Großbritannien sind katholische oder mit Katholiken verheiratete Mitglieder der Königsfamilie bis heute von der Thronfolge ausgeschlossen, und katholische Priester dürfen nicht ins Unterhaus gewählt werden1. Auch das Amt des Premierministers ist Katholiken verschlossen2. Die Proklamation der Religionsfreiheit durch das Zweite Vatikanische Konzil hat im Protestantismus offensichtlich kein Echo gefunden. (Fs)

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