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Autor: Menke, Karl-Heinz

Buch: Die Einzigkeit Jesu Christ

Titel: Die Einzigkeit Jesu Christ

Stichwort: Der Subjektivismus des Unbewußten: Surrealismus und Automatismus; Pittura Metafisica; Breton, Chirico, Miró


Kurzinhalt: Der Maler soll nichts mehr «tun», sondern sich den Pinsel von den Eingebungen des Unbewußten bzw. des Augenblicks führen lassen. Das Bild soll nicht entworfen werden, sondern «automatisch» (-> Automatismus) entstehen.

Textausschnitt: ac Der Subjektivismus des Unbewußten: Surrealismus und Automatismus

48a Von dem ästhetischen (Impressionismus und Suprematismus) und rationalen (Kubismus und Konstruktivismus) unterscheide ich den intuitiven Subjektivismus des Unbewußten (Surrealismus und Automatismus). Dem rational operierenden Ich von Kubismus und Konstruktivismus entspricht im Surrealismus das von der zeitgenössischen Psychoanalyse erforschte Unbewußte. Der surrealistische Maler will die Bilder, die in seinem Unbewußten verborgen sind, symbolisch und assoziativ zum Ausdruck bringen. Wie der Psychoanalytiker aus seinem Patienten Bilder hervorholt, so will der surrealistische Maler sich selbst und den Betrachter seiner Kunst von Verdrängungen befreien. «Um den Kräften des Emotionalen, d. h. des Traumes und des Unbewußten, den Durchbruch in die bewußte Verfügbarkeit zu ermöglichen, fordert André Breton [der Haupttheoretiker des literarischen Surrealismus] den absichtlichen Verzicht des surrealistischen Künstlers auf die Vernunftkontrolle und auf den Imperativ des Sittenkodex, da sich nur durch eine antikonformistische Lebenshaltung die Unmittelbarkeit einer impulsiv freien Entäußerung der Emotion realisieren läßt, d. h. Breton proklamiert die alogische Revolution des Geistes.»1 (notabene)

49a Die Kunstgeschichtsschreibung kennzeichnet die beiden italienischen Maler Carlo Carra (1881-1966) und Giorgio de Chirico (1888-1978) durch den Begriff «Pittura Metafisica» und siedelt den belgischen Maler René Magritte (1898-1967) auf Grund einer stets genau bedachten Zuordnung von dargestelltem Gegenstand und symbolischem Bezugsrahmen zwischen dem rationalen und dem intuitiven Subjektivismus an. Aber Carra, De Chirico und Magritte können als intuitiv schaffende Künstler des Unbewußten dem Surrealismus ebenso zugeordnet werden wie Salvador Dali (1904-1989), Max Ernst (1891-1976), André Masson (1896-1987) oder Oscar Dominguez (1906-1957). (Fs)

49b Wie der Impressionismus im Suprematismus und der Kubismus im Konstruktivismus, so erfährt der Surrealismus im Automatismus eine Radikalisierung in Richtung «Gegenstandslosigkeit». Der katalanische Maler Joan Miró (1893-1983) zum Beispiel fordert die schrankenlose Auslieferung der Imagination an die Einbildungskraft des psychischen Augenblicks. Der Maler soll nichts mehr «tun», sondern sich den Pinsel von den Eingebungen des Unbewußten bzw. des Augenblicks führen lassen. Das Bild soll nicht entworfen werden, sondern «automatisch» (-> Automatismus) entstehen. Miró will die Bilder, die er malt, nicht aus seinem Innern hervorholen oder befreien, sondern sich vom eigenen Pinsel im Sinne eines Psychogramms selbst darstellen lassen. Von daher ist er sich mit Suprematisten und Konstruktivisten in dem Ziel einig, jede Gegenständlichkeit auszuschalten, die Subjekt-Objekt-Beziehung zu überwinden und so das Subjekt zum Inbegriff des Unbedingten (des «Sinns an sich») zu erklären. (Fs)

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