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Autor: Schooyans, Michel

Buch: Ethik, Leben, Bevölkerung

Titel: Ethik, Leben, Bevölkerung

Stichwort: [92] Schadet eine große Menschenzahl nicht der Umwelt? - Zusammenfassung: der demoagraphische Aspekt

Kurzinhalt: Erst holzt man die Regenwälder ab, und dann erklärt man, in Brasilien gebe es zu viele Menschen1 (obwohl im Amazonasgebiet praktisch niemand lebt).

Textausschnitt: Daß der Mensch eine unglaubliche Fähigkeit besitzt, die Umwelt zu zerstören, bedarf keiner Erwähnung (EV 10). (Fs)

a) Wenn alle Menschen so viel und so anarchisch konsumieren würden wie die Einwohner der reichen Länder, insbesondere der USA, wäre der Planet bald am Ende. (Fs)

b) Das Inbrandsetzen der Ölquellen in der Golfregion zeigt, daß die Zerstörungswut bis zum Irrsinn gehen kann. Nicht weniger besorgniserregend ist auf längere Sicht der Kahlschlag der Regenwälder. (Fs)

c) Ebenso katastrophale Wirkungen, wenn auch etwas geringeren Umfangs, ergeben sich überall dort, wo natürliche Hilfsquellen nach wenig wirksamen archaischen und umweltschädlichen Methoden benutzt werden. (Fs)

Dem sind jedoch andere Entwicklungen entgegenzuhalten:

a) Als erstes zum Beispiel die Fortschritte der Agronomie. Sie beweisen zum Glück, daß der Mensch auch eine erstaunliche Fähigkeit besitzt, die Umwelt und die natürlichen Hilfsquellen sorgsam zu nutzen.1 Sogar die UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) hat eingestanden, daß es sich bei den Ernährungsproblemen weniger um technische als vielmehr um politische und mithin moralische Probleme handelt (s.a. 82, 128). (Fs)

b) Des weiteren ist zu beachten, daß bessere Erziehung und größerer Wohlstand von selbst eine Geburtenregulierung herbeiführen, das Umgekehrte aber nicht gilt.2

c) Die Achtung des Ökosystems beginnt schließlich bei der Achtung vor seinem Kern: dem Menschen. Wie soll man vor einem Elefanten oder einem Robbenbaby Achtung empfinden, wenn man nicht einmal das Fleisch vom eigenen Fleische achtet?

Allzuoft zerstören Menschen das natürliche Gleichgewicht aus Gewinngier und erklären dann mit zynischer Unverfrorenheit, es gebe auf dem Planeten zu viele Menschen und diese »Überbevölkerung« verschmutze die Umwelt (s.a. 137). Erst holzt man die Regenwälder ab, und dann erklärt man, in
Brasilien gebe es zu viele Menschen3 (obwohl im Amazonasgebiet praktisch niemand lebt). (Fs)

Zusammenfassung

Ideologien kennzeichnen sich dadurch, daß sie die Realitätserfassung der Betroffenen mindern. So war es etwa im Mittelalter sinnlos zu argumentieren, es gebe keine Hexen, denn die damaligen Menschen (und zwar nicht etwa nur die intellektuell »beschränkten«, sondern genauso die geistige Elite) glaubten felsenfest an Hexen und fanden reihenweise Argumente, um ihre Überzeugung zu belegen. (Fs)

Gleiches gilt in den demographischen Belangen heute. Dabei ist die Grundidee, Bevölkerungswachstum sei grundsätzlich schädlich, wissenschaftlich unhaltbar, allein schon deshalb, weil dann die Weltbevölkerung in 10 000 Jahren nicht von einer knappen Million auf knapp 6 Milliarden hätte steigen können: sie wäre vorher an Übervölkerung zugrunde gegangen oder hätte zumindest niemals den zivilisatorischen Sprung von der Technik der Höhlenbewohner ins Computer- und Weltraumzeitalter geschafft. (Fs)

In Wahrheit ist die Zunahme der Menschenzahl grundsätzlich ein positives Phänomen für den Menschen und die Menschheit. (Fs)
Die radikale Verhütungspolitik der reichen Länder ist in diesem Sinne eher ein Instrument der politischen Beherrschung der Armen als ein wirkliches Mittel zur Beseitigung der Armut, die damit angeblich bekämpft werden soll. (Fs)

Eine wirkliche Entwicklungshilfe muß sich in erster Linie auf Ausbildung und Produktionsvermehrung konzentrieren - ein unendlich viel wirksameres Mittel nicht nur zur Bekämpfung der Armut, sondern gleichzeitig auch zur Senkung übersteigerter Geburtenraten. Denn eine hohe Kinderzahl ist in den Entwicklungsländern die Lebens- und Altersversicherung. Wie das Beispiel des Abendlandes beweist, sinkt die Kinderzahl automatisch (wenngleich mit gewisser Verzögerung) mit der Verbesserung der Lebensumstände und - nicht zu vergessen - der Verringerung der Sterblichkeit dank besserer Hygiene. (Fs)

Anstatt die Armen in der Armut zu belassen und sie (fast gewaltsam) auch noch ihrer einzigen Lebenshoffnung (ihrer Kinder) zu berauben, gilt es auf dieses harmonische Einpendeln der Geburtenraten hinzuarbeiten. (Fs)

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