Datenbank/Lektüre


Autor: Ratzinger, Joseph

Buch: Gott ist uns nah

Titel: Gott ist uns nah

Stichwort: Eucharistie; Abendmahlsworte: Bund, Theologie des Bundes (Jeremia);

Kurzinhalt: ... zuerst die Opfertheologie, all das also, was um und im Tempel geschah, dann die Theologie des Exils ... Hier kommt ein Drittes dazu, eine Stelle aus Jeremia (31,31), in der der Prophet den Neuen Bund vorhersieht, ...

Textausschnitt: 36a Kehren wir zurück und achten wir noch auf ein drittes Wort in den Abendmahlstexten: "Dies ist der Neue Bund in meinem Blut". Wir hatten vorhin gesehen, wie Jesus in der Annahme seines Todes das ganze Alte Testament in sich bündelt und zusammenträgt; zuerst die Opfertheologie, all das also, was um und im Tempel geschah, dann die Theologie des Exils, der leidenden Gerechten. Hier kommt ein Drittes dazu, eine Stelle aus Jeremia (31,31), in der der Prophet den Neuen Bund vorhersieht, der nicht mehr an die leibliche Abstammung von Abraham gebunden ist, nicht mehr an die Leistung des Gesetzes, sondern aus der neuen Liebe Gottes heraustritt, die uns ein neues Herz gibt. Dies nimmt Jesus hier auf. Wo er leidet und stirbt, wird dies Erwartete Wirklichkeit; sein Sterben ist Bundesschluß. Es bedeutet sozusagen Blutsbruderschaft zwischen Gott und den Menschen. Das war ja schon der Gedanke gewesen, unter dem auf dem Sinai der Bund dargestellt wurde. Dort hatte Moses den Altar als Zeichen Gottes sowie zwölf Steine als Zeichen der zwölf Stämme Israels einander gegenübergestellt und mit Blut besprengt, um Gott und Mensch zusammenzuschließen in der einen Gemeinschaft dieses Opfers. Was dort nur tastender Versuch war - hier geschieht es. Er, der der Sohn Gottes ist, und er, der Mensch ist, gibt sich in seinem Sterben dem Vater und erweist sich so als der, der uns alle in den Vater hineinträgt. Er stiftet nun wirklich Blutsbruderschaft, Gemeinschaft von Gott und Mensch; er stößt die Tür auf, die wir Menschen nicht aufstoßen können. Wir können nur tastend Gott andenken und wenn es an uns liegt, wissen wir nicht, ob er antwortet. Dies bleibt das Tragische, der Schatten, der über so vielen Religionen steht, daß sie ein Schrei sind, dessen Antwort dunkel bleibt. Nur Gott selbst kann ihn annehmen. Jesus Christus, der Gottessohn und der Mensch, der seine Liebe im Tod durchträgt, den Tod in ein Geschehen der Liebe und der Wahrheit umwandelt, er ist die Antwort; in ihm ist der Bund gegründet. (Fs)

37a So wird sichtbar, wie Eucharistie entstanden ist, welches eigentlich ihre Quelle ist. Die Einsetzungsworte allein genügen nicht; der Tod allein genügt nicht, und auch beides zusammen reicht noch nicht, sondern dazu muß auch die Auferstehung treten, in der Gott diesen Tod annimmt und zur Tür macht in ein neues Leben hinein. Aus diesem Gesamtgefüge: daß er seinen Tod, das Unlogische, in ein Ja umwandelt, in einen Akt der Liebe und der Anbetung, kommt heraus, daß Gott ihn annimmt, und daß so er sich selbst austeilen kann. Im Kreuz hat Christus die Liebe durchgehalten. Bei allen Unterschieden, die es zwischen den Berichten der Evangelisten gibt, ist eines gemeinsam: daß Jesus als Betender gestorben ist und daß er im Abgrund des Todes das erste Gebot aufgerichtet, Gott gegenwärtig gehalten hat.1 Aus solchem Tod kommt dies Sakrament, die Eucharistie. (Fs)

38a Zum Schluß bleibt uns, noch einmal zur Frage des Anfangs zurückzukehren. Ist Jesus nun gescheitert? Nun, er war gewiß nicht erfolgreich in dem Sinn wie Cäsar oder Alexander der Große. Irdisch gesehen ist er zunächst gescheitert: Er starb nahezu verlassen; er wurde verurteilt für sein Wort. Seiner Botschaft antwortete nicht das große Ja seines Volkes, sondern das Kreuz. Aus solchem Ende sollten wir erkennen, daß Erfolg keiner der Namen Gottes ist und daß es nicht christlich ist, nach dem äußeren Erfolg und nach der Zahl zu schielen. Gottes Wege sind anders: Sein Erfolg geschieht durch das Kreuz hindurch und steht immer unter diesem Zeichen. Seine wahre Beglaubigung durch die ganzen Jahrhunderte hindurch sind die, die dieses Zeichen angenommen haben. Wenn wir heute zurückschauen in die vergangene Geschichte, dann müssen wir sagen: Nicht die Kirche der Erfolgreichen beeindruckt uns; die Kirche der Päpste, die Weltherrscher waren; die Kirche derer, die sich mit der Welt zu arrangieren wußten; sondern was uns Glauben schafft, was beständig geblieben ist, was uns Hoffnung gibt, das ist die Kirche der Leidenden. Sie steht bis heute als Zeichen dafür, daß Gott ist und daß der Mensch nicht nur eine Kloake ist, sondern daß er gerettet werden kann. Dies gilt von den Märtyrern der ersten drei Jahrhunderte bis herauf zu Maximilian Kolbe und den vielen ungenannten Zeugen, die in den Diktaturen unserer Tage ihr Leben für den Herrn gegeben haben; sei es, indem sie sterben mußten, sei es, indem sie sich lebend Jahr um Jahr und Tag um Tag seinetwillen zertreten ließen. Die Kirche der Leidenden beglaubigt ihn: Sie ist Gottes Erfolg in der Welt; das Zeichen, das uns Hoffnung und Mut gibt; das Zeichen, aus dem immer noch die Kraft des Lebens kommt, die hinausgeht über das bloße Erfolgsdenken und die damit den Menschen reinigt, Gott die Tür auftut in diese Welt herein. So wollen wir uns von Jesus Christus anrufen lassen, der im Kreuz den Erfolg Gottes errungen hat; der als gestorbenes Weizenkorn fruchtbar geworden ist über die Jahrhunderte hin.- Baum des Lebens, auf den die Menschen auch heute hoffen dürfen. (Fs)

____________________________

Home Sitemap Lonergan/Literatur Grundkurs/Philosophie Artikel/Texte Datenbank/Lektüre Links/Aktuell/Galerie Impressum/Kontakt