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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Gott der dreieinige

Titel: F1_029 - Von den göttlichen Personen

Stichwort: Göttliche Person : Bezeichnung für Wesenheit oder Beziehung?

Kurzinhalt: Und dementsprechend ist es richtig, daß der Name Person direkt die Beziehung, indirekt die Wesenheit bezeichnet, doch die Beziehung nicht, insofern sie Beziehung ist, sondern insofern sie bezeichnet wird nach der Weise der Hypostase.

Textausschnitt: ANTWORT: In bezug auf die Bedeutung dieses Namens [Person] im Göttlichen taucht die Schwierigkeit auf, daß er in der Mehrzahl von den Dreien ausgesagt wird, was gegen die Natur jener Namen ist, die die Wesenheit bezeichnen; auch wird er nicht als Auf-etwas-hin ausgesagt, wie die Namen, welche eine Beziehung bezeichnen. Daher schien es einigen1, daß der Name Person schlechthin, kraft des Ausdrucks, die Wesenheit im Göttlichen bezeichne, wie der Name Gott und der Name der Weise; doch wegen des Einwandes der Irrlehrer ist man auf Grund einer Konzilsentscheidung übereingekommen, daß er für das Beziehunghafte gelten könne, vor allem in der Mehrzahl oder mit einer Teilungspartikel, so wenn wir sagen: drei Personen oder: eine andere ist die Person des Vaters, eine andere die des Sohnes. In der Einzahl jedoch kann er genommen werden für das Beziehungslose und das Beziehunghafte [27]. - Doch das scheint kein genügender Grund. Denn weil der Name Person, kraft seiner Bezeichnung, im Göttlichen nur die Wesenheit bezeichnen kann, so wären dadurch, daß man drei Personen sagt, die Verdrehungen der Irrlehrer nicht zur Ruhe gekommen, sondern wäre ihnen nur Gelegenheit zu noch größeren Verdrehungen gegeben worden. (Fs)

Deshalb sagten andere, der Name Person bezeichne im Göttlichen zugleich die Wesenheit und die Beziehung. Unter ihnen sagten wieder einige,2 er bezeichne direkt die Substanz, indirekt die Beziehung; persona heißt nämlich gleichsam per se una: durch sich selbst eins; Einheit aber geht die Wesenheit an. In dem durch sich selbst dagegen liegt indirekt die Beziehung ausgedrückt; der Vater wird nämlich verstanden als durch sich selbst seiend, gleichsam durch die Beziehung unterschieden vom Sohne. - Einige aber sagten umgekehrt: es bezeichne direkt die Beziehung, indirekt die Wesenheit, denn in der Wesensbestimmung von Person stehe Natur abhängig. Und diese sind der Wahrheit schon näher gekommen. (Fs)

Um in dieser Frage zur Klarheit zu kommen, muß man bedenken, daß etwas in der Bezeichnung des weniger Allgemeinen gegeben ist, was jedoch nicht in der Bezeichnung des mehr Allgemeinen liegt; so ist vernunftbegabt eingeschlossen in der Bezeichnung Mensch, und ist doch nicht gegeben in der Bezeichnung Sinnenwesen. Es ist also etwas anderes, nach der Bedeutung von Sinnenwesen fragen, und etwas anderes, nach der Bedeutung von Sinnenwesen, das Mensch ist, fragen. Ebenso ist es etwas anderes, nach der Bedeutung des Namens Person im allgemeinen fragen und nach der Bedeutung von göttliche Person fragen. Person im allgemeinen bezeichnet nämlich die Einzelsubstanz vernunftbegabter Natur (Art. 1). Einzelwesen aber ist das, was in sich ununterschieden, von anderen aber unterschieden ist. Person also in irgendeiner Natur bezeichnet das, was in jener Natur [von den anderen Einzelwesen derselben Natur] unterschieden ist; so bezeichnet es in der menschlichen Natur dieses Fleisch und dieses Gebein und diese Seele, die die Vereinzelungsgründe des Menschen sind; sind diese auch nicht gegeben in der Bezeichnung Person, so sind sie doch gegeben in der Bezeichnung menschliche Person. Eine Unterscheidung im Göttlichen aber erfolgt nur durch die Ursprungsbeziehungen (28, 3). Die Beziehung im Göttlichen ist aber nicht wie eine Eigenschaft, die dem Träger innehaftet, sondern ist die göttliche Wesenheit selbst; sie ist daher für sich bestehend, wie die göttliche Wesenheit für sich bestehend ist. Wie also die Gottheit Gott ist, so ist die göttliche Vaterschaft Gott Vater, der eine göttliche Person ist. Göttliche Person bezeichnet nämlich die Beziehung als für sich bestehend. Und das heißt: die Beziehung bezeichnen nach der Weise der Substanz, die die in göttlicher Natur für sich bestehende Hypostase ist, wenn auch das in göttlicher Natur für sich Bestehende nichts anderes ist als die göttliche Natur selbst. (Fs) (notabene)

Und dementsprechend ist es richtig, daß der Name Person direkt die Beziehung, indirekt die Wesenheit bezeichnet, doch die Beziehung nicht, insofern sie Beziehung ist, sondern insofern sie bezeichnet wird nach der Weise der Hypostase. - In ähnlicher Weise bezeichnet er [der Name Person] auch die Wesenheit direkt, die Beziehung indirekt, insofern Wesenheit dasselbe ist wie Hypostase. Die Hypostase aber wird im Göttlichen bezeichnet als durch die Beziehung [von den anderen Hypostasen] unterschieden. Ebenso fällt die Beziehung, wenn sie nach der Weise der Beziehung bezeichnet ist, indirekt unter den Begriff Person. (Fs)

Danach läßt sich nun Folgendes sagen: Diese Bedeutung des Namens Person war vor den falschen Aufstellungen der Irrlehrer noch nicht erkannt; deshalb war auch der Name Person nur in Gebrauch wie einer der anderen beziehungslos gebrauchten Namen. Nachher aber ist der Name Person soweit angeglichen worden, daß er für einen beziehunghaften gelten konnte, und zwar aus der Angemessenheit seiner Bezeichnung heraus, so daß er ebendies, daß er als Beziehungsname gilt, nicht nur aus dem Gebrauch hat, sondern auch aus seiner Bedeutung. (Fs)

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