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Autor: May, Georg

Buch: Reformation und deutsche Bischöfe

Titel: Reformation und deutsche Bischöfe

Stichwort: Reformation, deutsche Bischöfe - Lehre vom Glauben allein

Kurzinhalt: Von großer Tragweite für die Abziehung der Menschen von der katholischen Kirche war die von Luther erfundene Lehre der Rechtfertigung "durch den Glauben allein" (sola fide).

Textausschnitt: 1. Die Lehre vom Glauben allein

45b Von großer Tragweite für die Abziehung der Menschen von der katholischen Kirche war die von Luther erfundene Lehre der Rechtfertigung "durch den Glauben allein" (sola fide). Danach ergreift der Sünder durch den von Gott geschenkten Fiduzialglauben die Gerechtigkeit Christi und deckt damit seine Sünden zu. Mehr und anderes ist nicht erforderlich, um das Heil zu gewinnen. Mit unversöhnlichem Haß zog Luther gegen gute Werke und Verdienst los. "Seit seinen Klosterkämpfen leidet er an einem wahren Trauma der Werkerei" (Joseph Lortz). (Fs)

45c Die katholische Kirche setzte der lutherischen Lehre die Botschaft des Evangeliums entgegen, wonach nur der durch die Liebe formierte Glaube (fides caritate formata) rechtfertige. Zu dem Glauben müssen heilsame Furcht, hoffendes Vertrauen, (wenigstens der Anfang der) Liebe und guter Vorsatz treten. Es wurde also ein Mittun und Mitwirken des Menschen verlangt, das freilich unter dem Antrieb der Gnade steht. Ebenso wurden Notwendigkeit, Nutzen und Verdienstlichkeit der guten Werke festgehalten. (Fs)

46a Die Hervorhebung des bloßen Glaubens und die Herabsetzung der Werke durch Luther und seine Gefolgsleute tat den Ohren sehr vieler Menschen wohl. Die Botschaft der fides wurde dahin verstanden, daß es jetzt nicht mehr auf das Tun und Lassen ankomme, um das Heil zu gewinnen, sondern lediglich auf die gläubige Annahme der zugerechneten Verdienste Christi. Es war eine eingängige Botschaft, der Mensch habe hinsichtlich des sittlich Guten keinen freien Willen und könne zum Guten nicht mitwirken, sondern Gott allein bewirke dasselbe ganz, so daß dem Menschen die Unterlassung des Guten und die Verübung des Bösen nicht zugerechnet werden könne. Nichts ist dem durchschnittlichen Menschen lieber als die Erklärung, daß er im Grunde aller Anstrengung enthoben ist. Das neue "Evangelium" schien den Menschen religiös aller lästigen Pflichten wie Beichten, Bußetun und Fasten ledig zu machen, weil er lediglich das Vertrauen zu Jesus brauche. Der Jubel der solcherart "befreiten" Menschen mußte dem neuen Propheten sicher sein. Es klang vielen angenehm in den Ohren, der Mensch werde durch den Glauben allein gerechtfertigt und der ewigen Seligkeit teilhaftig, folglich seien gute Werke weder zum ersten noch zum letzten erforderlich. Nach dem neuen "Evangelium" war es nicht mehr verdienstlich, Almosen zu geben, Meßstipendien zu reichen, Stiftungen zu errichten und Opfer darzubieten. Das viele Beten wurde ebenso als überflüssig hingestellt wie das Bringen von Opfern. Der Erfolg dieser Irrlehre Luthers war ungeheuer. Die angeblich jetzt wieder ans Licht getretene "evangelische" Lehre, wonach allein der Glaube der Weg zum Himmel sei und die gesetzlichen Forderungen der Papstkirche unnötig oder unmöglich seien, führte zu erdrutschartigen Abfällen. "Die protestantische Imputationslehre also mit ihren Prämissen und Consequenzen, ihrer Aufhebung aller kirchlichen Übungen war der mächtige Magnet, der die Massen - hoch und nieder - in die Gemeinschaft der neuen Kirche hinüberzog" (Ignaz Döllinger). Georg Witzel hat beschrieben, mit welcher Begeisterung die Menschen hörten, die Werke seien bedeutungslos, die Sünden würden den Gläubigen nicht zugerechnet und Christus wolle ein weltliches Leben. "Was dem irdischen Adam schmeichelt, zieht schnell durchs ganze Land."

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