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Autor: Coreth, Emerich

Buch: Metaphysik

Titel: Metaphysik

Stichwort: Subjekt - Objekt; relativer Gegensatz

Kurzinhalt: ... ich setze in der Einheit des Vollzugs die Zweiheit von Fragendem und Gefragtem, Wissendem und Gewußtem als Gegensatz von Subjekt und Objekt: ... Beides, Subjekt und Objekt, 'ist', beides ist gesetzt in der Identität des Seins

Textausschnitt: 42/2
1. Wenn ich frage, weiß ich mich als den Fragenden und ich weiß um Anderes, das mir als Gefragtes gegenübersteht. Wenn ich weiß, so weiß ich mich als den Wissenden und ich weiß um Anderes, das mir als Gewußtes gegenübersteht. Die Zweiheit von Fragendem und Gefragtem oder von Wissendem und Gewußtem heißt Subjekt und Objekt. Sofern das Fragen ein Modus des Wissens ist, können wir einfacher und allgemeiner sagen: Subjekt ist der Wissende, Objekt das Gewußte. (143; Fs)
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2. Wenn immer ich frage, weiß ich mich als den nach etwas Fragenden und ich weiß um Anderes als das von mir Gefragte. Wenn immer ich weiß, weiß ich mich als den etwas Wissenden und ich weiß um Anderes als das von mir Gewußte. Im Vollzug des Fragens und Wissens setze ich - wissend - Anderes mir entgegen; ich setze in der Einheit des Vollzugs die Zweiheit von Fragendem und Gefragtem, Wissendem und Gewußtem als Gegensatz von Subjekt und Objekt: Das Subjekt ist das, dem das Objekt entgegensteht. Das Objekt ist das, was dem Subjekt entgegensteht. Das Subjekt ist Nicht-Objekt, das Objekt ist Nicht-Subjekt. Sie sind einander entgegengesetzt. (143; Fs)

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3. Ein Gefragtes gibt es aber nur für den Fragenden; ein Gewußtes gibt es nur für den Wissenden. Und umgekehrt: Fragender bin ich nur, wenn ich mir fragend ein Gefragtes entgegensetze; Wissender bin ich nur, wenn ich mir wissend ein Gewußtes entgegensetze. Subjekt ist immer Subjekt eines Objekts, und Objekt ist immer Objekt eines Subjekts. (143; Fs) (notabene)
45/2 Wenn ich fragend und wissend den Gegensatz von Subjekt und Objekt setze, dann setze ich die Beziehung von Subjekt und Objekt. Nur in dieser Beziehung sind sie einander entgegengesetzt: Es ist ein relativer Gegensatz. Ich setze fragend und wissend das Subjekt bezogen auf ein Objekt und das Objekt bezogen auf das Subjekt. (143; Fs)

46/2 Zwar kann ich auch nach dem Subjekt selbst fragen oder um das Subjekt selbst wissen. Setze ich - in thematischer Reflexion - ein solches Fragen und Wissen, so wird mir das Subjekt selbst zum Objekt. Es wird im Vollzug des Fragens dem Fragenden als das Gefragte gegenübergestellt, im Vollzug des Wissens dem Wissenden als das Gewußte gegenübergestellt. Es ist nicht mehr Subjekt als Subjekt, sondern Subjekt als Objekt: vergegenständlichtes Subjekt. Dies zeigt von neuem, daß ich nicht fragen oder wissen kann, ohne im Vollzug des Fragens und Wissens den relativen Gegensatz von Subjekt und Objekt zu setzen. (143f; Fs)

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4. Dieses Verhältnis ist jedoch genauer zu bestimmen. Im Vollzug des Fragens ist einerseits eine Identität gesetzt: die Identität von Sein und Wissen im Vollzug; anderseits ist eine Differenz vorausgesetzt: die Nichtidentität des Seins gegenüber der Identität von Sein und Wissen im Vollzug, insofern ich fragend weiß um das mich und meinen Vollzug des Wissens übersteigende Sein. (144; Fs)
48/2 Nun ist auf der einen Seite in der Identität des Vollzugs selbst eine Differenz gesetzt: Im Vollzug des Fragens und Wissens setzt sich der Fragende ein Gefragtes, der Wissende ein Gewußtes entgegen; in der Identität des Vollzugs wird die Differenz von Subjekt und Objekt gesetzt. Doch ist es eine Differenz, welche die Identität nicht aufhebt, sondern voraussetzt und in ihr selbst gesetzt ist: als Differenz in der Identität. (144; Fs)
49/2 Auf der andern Seite aber ist in der Differenz des mich übersteigenden Seins gegenüber dem in meinem Vollzug gewußten Sein eine Identität gesetzt: Ich weiß mich selbst und das Andere in der umgreifenden Identität des Seins, sofern ich weiß, daß ich, der Fragende und Wissende, als solcher 'bin', im Sein gesetzt bin, und daß das Andere, das Gefragte und Gewußte, als solches 'ist', im Sein gesetzt ist. (144; Fs) (notabene)

50/2 Beides, Subjekt und Objekt, 'ist', beides ist gesetzt in der Identität des Seins; und beides ist gewußt als etwas, das 'ist', beides ist also gesetzt in der Identität meines Wissens um Sein. Doch ist es eine Identität, welche die Differenz von Subjekt und Objekt nicht aufhebt, sondern voraussetzt und in dieser selbst gesetzt ist als Identität in der Differenz. Beide Aspekte, die sich hier zeigen, die Differenz in der Identität und die Identität in der Differenz, müssen nach ihrem Wesen und den Bedingungen ihrer Möglichkeit befragt werden. (144; Fs)

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