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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Natur als Grundlage der Moral

Titel: Natur als Grundlage der Moral

Stichwort: Wille: Form - Materie

Kurzinhalt: ... daß jede sittliche Handlung formell ein Willensakt ist, in dem das, was man tut, sich wie die Materie zur Form (dem Willen) verhäl

Textausschnitt: 313a Der Zusammenhang zwischen Handeln und "Gesinnung" läßt sich nur verstehen, wenn berücksichtigt wird, daß jede sittliche Handlung formell ein Willensakt ist, in dem das, was man tut, sich wie die Materie zur Form (dem Willen) verhält; eine Materie allerdings, die dem menschlichen Willen ein angemessenes Objekt ist, was nun wiederum nur die Vernunft zu leisten vermag. Nicht "Dinge" zerstören die Gesinnung und verunreinigen das Herz; sondern Handlungen, die das Licht der Vernunft mißachten.1 (Fs; Fußnote!) (notabene)

Fußnote:
62 In diesem Zusammenhang ist die Reduktion aller praktischen Güter auf vorsittliche Güter die ausschlaggebende Vor- (und Fehl-)Entscheidung; denn alle diese Güter werden damit als "kontingent" und damit sittlich "relativ" betrachtet. Darin sieht F. BÖCKLE (Fundamentalmoral, a. a. O. S. 307) geradezu das "Hauptargument" für eine "teleologische Begründung" sittlicher Normen: "Ihr Hauptargument liegt im Hinweis, daß die unserem Handeln aufgegebenen Güter und Werte ausschließlich bedingte, geschaffene und damit begrenzte Güter oder Werte sind. Dann aber kann die sittliche Beurteilung des Handelns nur unter Berücksichtigung dieser Bedingtheit sowie unter Abwägung der eventuell konkurrierenden Güter erfolgen. Zwar ist der Mensch vom absoluten Grund des Sittlichen unbedingt gefordert, doch als kontingentes Wesen in einer kontingenten Welt kann er das ihn absolut anfordernde 'bonum' immer nur an und in den 'bona' verwirklichen, die als kontingente Güter oder Werte eben 'relative' Werte sind und als solche niemals a priori als der je größte Wert, der überhaupt nicht mit einem höheren konkurrieren könnte, ausgewiesen sind. Im Hinblick auf die bona bleibt daher je nur die Frage nach dem vorzugswürdigeren bonum möglich, und das heißt, jede konkrete kategoriale Entscheidung muß - um nichts fälschlich Kontingentes zu verabsolutieren - letztlich auf einer Vorzugswahl beruhen, in der nach Güter- und Wertprioritäten entschieden werden muß." In dieser Aussage wird die ganze Problematik, Schwäche und Inkonsistenz der sogenannten "teleologischen Ethik" deutlich; Inkonsistenz, weil jetzt plötzlich Güter und Werte (letztere sind ja auch für Teleologen nicht vor-sittlich) auf dieselbe Stufe des Kontingenten und Relativen gestellt werden. Die Schwäche des Arguments liegt darin, daß in jeder sittlichen Handlung das sittliche Gutsein der Person auf dem Spiele steht, und daß dieses Gutsein immer auch davon abhängt, was ich tue. Praktische Güter, die in einer sittlichen Handlung gewählt und verfolgt werden, sind nicht einfach "Dinge", mit denen man hantiert und kalkuliert. Die Sittlichkeit einer Handlung, in der die ganze Person involviert ist, ist jedoch immer ein absolutes und unbedingtes Gut, auch wenn es sich bei der Person um ein nichtabsolutes, sondern geschöpfliches Wesen handelt. Das ist deshalb so, weil der Mensch gerade im sittlichen Gutsein seine Beziehung zum Unbedingten und absoluten Grund jeder sittlichen Forderung - Gott - herstellt. In Bezug auf das im konkreten Handeln involvierte Gut-Sein kann es niemals ein eventuell "höheres" oder "konkurrierendes" Gut geben. Wer jedoch die Vorannahme akzeptiert, in unserem Handeln gehe es nur um vor-sittliche Güter, dem wird dieses Argument kaum plausibel erscheinen, weil er von Anfang an die Perspektive des Sittlichen, das "ethische Proprium", aus den Augen verloren hat.

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