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Autor: Ratzinger, Josef

Buch: Einführung in das Christentum

Titel: Einführung in das Christentum

Stichwort: Auferstehung; Liebe - Unsterblichkeit; Bios - Zoe; nach der Auferstehung: "Erscheinungen"; Dialektik der Aussagen; Emmaus

Kurzinhalt: Liebe gründet Unsterblichkeit, und Unsterblichkeit kommt allein aus Liebe; Darum sind die Begegnungen mit ihm »Erscheinungen«

Textausschnitt: 288a Von hier aus ergibt sich ein weiterer Schritt. Wir können jetzt sagen, dass die Liebe immer irgendeine Art von Unsterblichkeit gründet, selbst schon in ihren vormenschlichen Vorstufen weist sie als Erhaltung der Art in diese Richtung. Ja, solches Gründen von Unsterblichkeit ist nichts Beiläufiges für sie, nicht etwas, das sie unter anderem auch tut, sondern es macht recht eigentlich ihr Wesen aus. Dieser Satz ist umkehrbar und besagt dann, dass Unsterblichkeit immer aus Liebe hervorkommt, nie aus der Autarkie dessen, das sich selbst genügt. Wir dürfen sogar verwegen genug sein, zu behaupten, dass dieser Satz, recht verstanden, selbst noch in Bezug auf Gott zutrifft, wie ihn der christliche Glaube sieht. Auch Gott ist deshalb allem Vergehenden gegenüber schlecht-hinniges Stehen und Bestehen, weil er Zuordnung der drei Personen aufeinander, ihr Aufgehen im Füreinander der Liebe ist, Akt-Substanz der absoluten und darin ganz »relativen« und nur im Bezogensein aufeinander lebenden Liebe. Nicht die Autarkie, die niemand als sich selber kennt, ist göttlich, so sagten wir früher; die Revolution des christlichen Welt- und Gottesbildes gegenüber der Antike fanden wir darin, dass es das »Absolute« als absolute »Relativität«, als »Relatio subsistens«, verstehen lehrt. (Fs) (notabene) (notabene)

288b Kehren wir zurück. Liebe gründet Unsterblichkeit, und Unsterblichkeit kommt allein aus Liebe. Diese Aussage, die wir nun erarbeitet haben, bedeutet dann ja auch, dass der, der für alle geliebt hat, für alle Unsterblichkeit gegründet hat. Das genau ist der Sinn der biblischen Aussage, dass seine Auferstehung unser Leben ist. Die für unser Empfinden zunächst so eigenartige Argumentation des heiligen Paulus in seinem ersten Korintherbrief wird von hier aus verständlich: Wenn er auferstanden ist, dann auch wir, denn dann ist die Liebe stärker als der Tod; wenn er nicht auferstanden ist, dann auch wir nicht, denn dann bleibt es dabei, dass der Tod das letzte Wort hat, nichts sonst (vgl. 1 Kor 15,16 f). Dolmetschen wir es uns, da es um eine zentrale Aussage geht, nochmals auf andere Weise: Entweder ist Liebe stärker als der Tod, oder sie ist es nicht. Wenn sie es in ihm geworden ist, dann gerade als Liebe für die anderen. Das heißt dann freilich auch, dass unsere eigene, allein gelassene Liebe nicht ausreicht, den Tod zu überwinden, sondern für sich genommen ein unerfüllter Ruf bleiben müsste. Es bedeutet, dass allein seine mit Gottes eigener Lebens- und Liebesmacht ineinander fallende Liebe unsere Unsterblichkeit gründen kann. Trotzdem bleibt dabei bestehen, dass die Weise unserer Unsterblichkeit von unserer Weise zu lieben abhängen wird. Darauf werden wir bei dem Abschnitt über das Gericht zurückkommen müssen. (Fs) (notabene)

288b Kehren wir zurück. Liebe gründet Unsterblichkeit, und Unsterblichkeit kommt allein aus Liebe. Diese Aussage, die wir nun erarbeitet haben, bedeutet dann ja auch, dass der, der für alle geliebt hat, für alle Unsterblichkeit gegründet hat. Das genau ist der Sinn der biblischen Aussage, dass seine Auferstehung unser Leben ist. Die für unser Empfinden zunächst so eigenartige Argumentation des heiligen Paulus in seinem ersten Korintherbrief wird von hier aus verständlich: Wenn er auferstanden ist, dann auch wir, denn dann ist die Liebe stärker als der Tod; wenn er nicht auferstanden ist, dann auch wir nicht, denn dann bleibt es dabei, dass der Tod das letzte Wort hat, nichts sonst (vgl. 1 Kor 15,16 f). Dolmetschen wir es uns, da es um eine zentrale Aussage geht, nochmals auf andere Weise: Entweder ist Liebe stärker als der Tod, oder sie ist es nicht. Wenn sie es in ihm geworden ist, dann gerade als Liebe für die anderen. Das heißt dann freilich auch, dass unsere eigene, allein gelassene Liebe nicht ausreicht, den Tod zu überwinden, sondern für sich genommen ein unerfüllter Ruf bleiben müsste. Es bedeutet, dass allein seine mit Gottes eigener Lebens- und Liebesmacht ineinander fallende Liebe unsere Unsterblichkeit gründen kann. Trotzdem bleibt dabei bestehen, dass die Weise unserer Unsterblichkeit von unserer Weise zu lieben abhängen wird. Darauf werden wir bei dem Abschnitt über das Gericht zurückkommen müssen. (Fs) (notabene)

289a Aus dem bisher Bedachten geht noch ein Weiteres hervor. Es versteht sich von da aus von selber, dass das Leben des Auferstandenen nicht wieder »Bios«, die biologische Form unseres innergeschichtlichen Todeslebens ist, sondern »Zoe«, neues, anderes, endgültiges Leben; Leben, das den Todesraum der Bios-Geschichte überschritten hat, der hier durch eine größere Macht überstiegen worden ist. Die Auferstehungsberichte des Neuen Testaments lassen uns denn auch ganz deutlich erkennen, dass das Leben des Auferstandenen nicht innerhalb der Bios-Geschichte liegt, sondern außerhalb und oberhalb davon. Ebenso gilt freilich, dass sich dies neue Leben in der Geschichte bezeugt hat und bezeugen musste, weil es ja für sie da ist und christliche Verkündigung im Grunde nichts anderes ist als das Weitergeben dieses Zeugnisses, dass Liebe hier den Durchbruch durch den Tod vermocht und so unser aller Situation von Grund auf gewandelt hat. Von diesen Einsichten aus ist es nicht mehr schwer, die rechte »Hermeneutik« für das schwierige Geschäft der Auslegung der biblischen Auferstehungstexte zu finden, das heißt Klarheit zu gewinnen, in welcher Richtung sie sinngerecht verstanden werden müssen. Selbstverständlich können wir hier nicht eine ins Einzelne gehende Diskussion der entsprechenden Fragen versuchen, die sich heute schwieriger darstellen denn je zuvor, zumal historische und - meist ungenügend reflektierte - philosophische Aussagen immer unentwirrbarer ineinander gemengt werden und Exegese sich nicht selten ihre eigene Philosophie schafft, die dem Außenstehenden als eine aufs Letzte verfeinerte Erhebung des biblischen Befundes erscheinen soll. Im Einzelnen wird hier immer vieles diskutabel bleiben, aber eine grundsätzliche Grenze zwischen Auslegung, die Auslegung bleibt, und eigenmächtigen Adaptationen ist durchaus zu erkennen. (Fs)

290a Es ist zunächst völlig klar, dass Christus bei der Auferstehung nicht wieder in sein voriges irdisches Leben zurückgekehrt ist, wie solches etwa vom Jüngling zu Naim und von Lazarus gesagt wird. Er ist auferstanden ins endgültige Leben hinein, das nicht mehr den chemischen und biologischen Gesetzen eingefügt ist und deswegen außerhalb der Todesmöglichkeit steht, in jener Ewigkeit, welche die Liebe gibt. Darum sind die Begegnungen mit ihm »Erscheinungen«; darum wird der, mit dem man noch zwei Tage zuvor zu Tische gesessen war, von seinen besten Freunden nicht wiedererkannt und bleibt auch als Erkannter fremd: Nur wo er das Sehen gibt, wird er gesehen; nur wo er die Augen auftut und das Herz sich auftun lässt, kann mitten in unserer Todeswelt das Angesicht der todesüberwindenden ewigen Liebe erkennbar werden und in ihr die neue, die andere Welt: die Welt des Kommenden. Darum auch ist es für die Evangelien so schwierig, ja geradezu unmöglich, die Begegnungen mit dem Auferstandenen zu beschreiben; darum stammeln sie nur noch, wenn sie davon reden, und scheinen sich zu widersprechen, wenn sie sie darstellen. In Wirklichkeit sind sie überraschend einheitlich in der Dialektik ihrer Aussagen, in der Gleichzeitigkeit von Berühren und Nichtberühren, von Erkennen und Nichterkennen, von völliger Identität zwischen Gekreuzigtem und Auferstandenem und völliger Verwandeltheit. Man erkennt den Herrn und erkennt ihn doch wieder nicht; man berührt ihn, und er ist doch der Unberührbare; er ist derselbe und doch ganz anders. Diese Dialektik ist, wie gesagt, immer die gleiche; nur die Stilmittel, mit denen sie ins Wort gebracht wird, wechseln. (Fs) (notabene)

291a Sehen wir uns etwa die Geschichte von den Emmaus-Jüngern, [...]


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