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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Natur als Grundlage der Moral

Titel: Natur als Grundlage der Moral

Stichwort: Einheit: intellectus - ratio; inventio mit iudicium als Abschluss; apprehensio der Konklusionen in den Prinzipien; Engel

Kurzinhalt: Der rationale Diskurs ist terminativ ... ebenfalls ein Akt des intellectus. Die rationale inventio kommt nur durch und im intellectus zu einem abschließenden Urteil ...

Textausschnitt: 217a Der inventive Akt der ratio naturalis erklärt sich, wie gesagt, als Entfaltung der Wahrheitserfassung eines intellectus imperfectus, wie er dem Menschen eigen ist. Wenn wir sagten, der menschliche Akt als partizipiertes lumen naturale sei eine Fähigkeit der Wahrheitserfassung, so muß nun gezeigt werden, daß, nach Thomas, zu dieser Fähigkeit ebenfalls ein diskursiver Akt dieses Intellektes gehört. Dazu genügt es, die wichtigsten der diesen Zusammenhang erörternden Texte darzulegen. (Fs)

217b Thomas begreift den rationalen Diskurs generell als einen Prozeß, der eine Explikation dessen ist, was im naturaliter cognitum der Prinzipien bereits implizit enthalten ist, aber aufgrund der Schwäche des menschlichen Intellektes nicht auf spontan-natürliche Weise erkannt werden kann, sondern nur vermittels einer diskursiven inventio des Intellektes. Dieser diskurse Akt ist ebenfalls ein Akt des Intellektes, also derselben Potenz1, die -beim Menschen - durch den diskursiven Prozeß erst zur Entfaltung oder Aktualisierung ihrer ganzen Potentialität gelangt. (Fs) (notabene)

217c Der rationale Diskurs geht dabei jeweils von simpliciter intellecta aus; es sind die ersten Prinzipien: Auf ihnen beruht der Weg der inquisitio oder - ein Synonym - der inventio. Der Diskurs endet mit einer resolutio oder reditio zu den ersten Prinzipien, in denen das Gefundene durch ein iudicium geprüft wird.2 (Fs)
217d Entscheidend ist hier: Der rationale Diskurs ist terminativ, d. h. in via iudicii, ebenfalls ein Akt des intellectus. Die rationale inventio kommt nur durch und im intellectus zu einem abschließenden Urteil, das wiederum eine intellektive Wahrheitserkenntnis ist; die inventio selbst ist ein Durchgangsstadium der Erkenntnis; sie ist nicht die Erkenntnis selbst: Denn diese ist immer ein Akt der apprehensio des Intellektes, ein intellectus, im Wortsinne eines Aktes und nicht einer Potenz. (Fs)

217d Entscheidend ist hier: Der rationale Diskurs ist terminativ, d. h. in via iudicii, ebenfalls ein Akt des intellectus. Die rationale inventio kommt nur durch und im intellectus zu einem abschließenden Urteil, das wiederum eine intellektive Wahrheitserkenntnis ist; die inventio selbst ist ein Durchgangsstadium der Erkenntnis; sie ist nicht die Erkenntnis selbst: Denn diese ist immer ein Akt der apprehensio des Intellektes, ein intellectus, im Wortsinne eines Aktes und nicht einer Potenz. (Fs)

218a Thomas betont in diesem Zusammenhang, daß die Konklusionen im Grunde genommen bereits in den Prinzipien potentiell enthalten sind, durch den rationalen Prozeß also lediglich expliziert werden. Der rationale Diskurs zeichnet sich zwar dadurch aus, daß von einem Bekannten zu einem Unbekannten fortgeschritten wird; und das ist deshalb so, weil wir das noch Unbekannte nicht in den Prinzipien selbst zu erfassen vermögen, sondern wir es durch die Explikation des Diskurses aus den Prinzipien erkennen müssen.1 Nun ist aber, wie eben noch gesagt werden wird, der rationale Diskurs selbst nicht die Erkenntnis, sondern Bewegung auf Erkenntnis hin. Die Erkenntnis, in die der Diskurs mündet, ist selbst nicht mehr inventio, sondern ein iudicium des Intellektes, das heißt sie kommt genau dann zustande, wenn die Konklusionen in den Prinzipien erfaßt werden; dann endet der Diskurs in einer abschließenden intellektiven "apprehensio" der Wahrheit, die nun wiederum ein, allerdings verfeinerter und expliziter, intellectus ist.2 Das heißt: Auch beim Menschen ist jede Erkenntnis intellektive "apprehensio" der Konklusionen in den Prinzipien; aber damit es dazu kommt, genügt nicht der natürliche Akt der Prinzipienerfassung; es bedarf der Vermittlung durch die diskursive Bewegung des Intellektes, des ratiocinari. (Fs) (notabene)

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