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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Natur als Grundlage der Moral

Titel: Natur als Grundlage der Moral

Stichwort: Enthaltsamkeit: Sexualität als Subjekt und nicht Objekt

Kurzinhalt: Akte der Enthaltsamkeit sind Akte, die den Sexualtrieb nicht zum Objekt, sondern zum Subjekt haben; Enthaltsamkeit ist selbst ein Akt leiblicher Liebe

Textausschnitt: 129a Damit zeigt sich besonders deutlich, daß periodische Enthaltsamkeit und Empfängnisverhütung intentional zwei völlig verschieden strukturierte Handlungsweisen sind: Akte der Enthaltsamkeit sind Akte, die den Sexualtrieb (mitsamt seiner prokreativen Potentialität) nicht zum Objekt, sondern zum Subjekt haben; Enthaltsamkeit ist selbst ein Akt ehelichen Sexualverhaltens bzw. leiblicher Liebe. Er ist zudem ein Akt prokreativer Verantwortung, weil das Subjekt dieses Aktes die menschliche Person, bzw. die eheliche Person-Gemeinschaft, als Urheber oder Verursacher von Prokreation ist; die Eheleute sind also im Akt der Enthaltsamkeit in der Aufgabe der verantwortlichen Weitergabe menschlichen Lebens direkt engagiert und bleiben (als Person-Gemeinschaft) Subjekt dieser Aufgabe. Im ehelichen Verkehr während unfruchtbaren Perioden verfolgen sie in ebenso prokreativ verantwortlicher Weise das ebenfalls der Sexualität eigene Gut der liebenden Vereinigung, wobei, das ist nicht zu vergessen, der Akt der Enthaltsamkeit selbst spezifischer Ausdruck, Bestätigung und Vertiefung derselben ehelichen Liebe ist, die auch in der sexuellen Vereinigung auf andere Weise ausgedrückt, bestätigt und vertieft wird. (Fs) (notabene)

129b Empfängnisverhütung jedoch ist kein Akt des Sexualverhaltens oder der leiblichen Liebe, sondern eine bloße "Maßnahme", welche die menschliche Sexualität zum Objekt hat. Der einzige Gehalt, der diesem Akt eigen ist, ist die Ausschaltung oder Negierung der prokreativen Folge sexueller Akte. In ihm werden die Eheleute als Subjekte und Urheber verantwortlicher Prokreation nicht bestätigt, sondern negiert. Kontrazeptiver Sexualverkehr ist ebenfalls kein Akt verantwortlicher leiblicher Liebe mehr, sondern vielmehr ein prokreativ folgenloser Akt, in welchem die Eheleute ebenfalls nicht Subjekte verantwortlicher Elternschaft sind, da in ihrem Sexualverhalten der prokreative Kausalnexus willentlich negiert wurde. (Fs)

130a Eheleute, die periodische Enthaltsamkeit üben, suchen durch ihr sexuelles Verhalten eine vor ihrem Gewissen nicht verantwortbare Empfängnis zu vermeiden, indem sie sich jener Akte enthalten, die voraussichtlich eine solche Empfängnis verursachen würden. Eheleute hingegen, die sich kontrazeptiver Mittel bedienen, vermeiden nicht im eigentlichen Sinne eine Empfängnis, sondern sie verhüten sie, und zwar gerade nicht durch Akte ihres sexuellen Verhaltens; eine Empfängnis zu "vermeiden" ohne dieses Verhalten modifizieren zu müssen, ist ja gerade die Pointe dessen, was man Empfängnisisverhütung nennt. (Fs)

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