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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Die Perspektive der Moral

Titel: Die Perspektive der Moral

Stichwort: Gewissen; Phänomenologie, Subjektivität, Objektivität

Kurzinhalt: Die Frage der Objektivität ist eine solche der Wahrheit der Subjektivität. Die Subjektivität des Handelnden, das "Ich", gehört ja auch zur "objektiven Welt", ...

Textausschnitt: 274d Deshalb erfahren wir auch die "Stimme des Gewissens" als eine Stimme, die mit derjenigen unserer Affektivität, mit dem, worauf wir hinneigen, in Konkurrenz stehen kann. Als etwas "Objektives" im Gegensatz zur "Subjektivität" des Affektiven. Die Rede von "objektiv" und "subjektiv" ist hier jedoch verfänglich: In Wirklichkeit handelt es sich um zwei verschiedene Formen von Subjektivität. Wir erfahren jedoch die Subjektivität des Gewissens als Anspruch von Wahrheit, d.h. als die Wahrheit der Subjektivität, und in diesem Sinne als "Objektives". (Fs) (notabene)


274e Die Rede, etwas sei "objektiv" gut oder richtig, im Unterschied zum bloß "subjektiven" Dafürhalten, gehört also zu einer Phänomenologie des Gewissensaktes. Nicht aber kann mit "objektiv" gemeint sein, das "in Wahrheit Gute" sei eine vom Handlungssubjekt unabhängige bzw. von ihm zu unterscheidende Gegebenheit (Gesetz, Norm, Natur, Seinsordnung), zu der sich dann das freie Subjekt durch "Erkennen" und "Befolgen" verhalte. Die Gegenüberstellung von "Subjekt" (Freiheit, handelnder, urteilender Mensch) und "objektiver Norm" entstammt dem (auch bei Kant noch grundlegenden) Subjekt-Objekt Dualismus neuzeitlicher Gesetzesmoral. Die Frage der Objektivität ist eine solche der Wahrheit der Subjektivität. Die Subjektivität des Handelnden, das "Ich", gehört ja auch zur "objektiven Welt", zur "Natur" oder zur "Seinsordnung". Gerade durch die Vernunft als maßstäbliche Subjektivität des Menschen entsteht erst die Objektivität des Normativen. "Bloß subjektiv gut" und "objektiv gut" ist demnach eine Unterscheidung innerhalb der Subjektivität des Handelnden; es ist die Aristotelische Unterscheidung zwischen dem lediglich "gut Scheinenden" und dem darüber hinaus auch "in Wahrheit Guten". Deshalb ist es auch verfänglich, vom Gewissen als einer "subjektiven Norm", im Unterschied zu einer "objektiven Norm" zu sprechen, weil man dabei die Wahrheitsfrage ausklammert: "Norm" kann nämlich das Gewissen nur sein, insofern es "wahr" sein kann, d.h. weil es in seiner Subjektivität "objektiv" zu sein vermag. (Fs)

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