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Autor: Borst, Arno

Buch: Digitale Bibliothek Band 14: Propyläen, Weltgeschichte

Titel: Religiöse und geistige Bewegungen im Hochmittelalter

Stichwort: Mittelalter; Friede, Ruhe

Kurzinhalt: Anstrengung um Frieden; Einheit von Wort und Tat

Textausschnitt: 1 ... die Ruhe war keine selbstverständliche Struktur, kein dankbar genossener Zustand; die Sammlung wurde in fieberhafter Anstrengung errungen und immer wieder verloren.
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2 ... Dieser Wettstreit der freiwilligen Institutionen um eine hohe, uns unrealisierbar scheinende Idee der Ruhe und Sammlung machte das Mittelalter zu einer Zeit der religiösen und geistigen Bewegungen.
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3 ... Die Vereinigung verschiedener, antiker, germanischer und christlicher Überlieferungen, die Verbindung von geistlicher Einheit und geschichtlicher Vielfalt, die geistige Ordnung der Wirklichkeit, dies alles konnte nie ganz gelingen; um so mehr fasziniert uns die gesammelte Kraft, mit der jeder neue Ansatz die Menschen ergriff, so daß sie Ernst machten mit dem, was sie glaubten und zu wissen meinten. Der Dienst für Gott wurde ihnen zu lauter irdischen Aufgaben, die geistige Betrachtung zu konkreten Forderungen, ohne daß sie wußten, was daraus werden würde. Selten begegnet uns skeptisches Lächeln oder verspielte Resignation. Fromme und Gelehrte ließen sich beim Wort nehmen und standen meist zu ihrem Wort; wie sie sich den rechten Menschen dachten, so wollten sie selber ein ganzes Leben lang sein. Demnach würde, wer hier nach modernem Brauch religiöses Leben von geistiger Erkenntnis trennen wollte, die mittelalterliche Gemeinsamkeit ihrer Ziele verfehlen; und wer umgekehrt diese vielgestaltigen Bewegungen nur als schönes Spiel von Variationen eines Themas an sich vorüberziehen ließe, müßte ihr Bestes verkennen, ihren heiligen Ernst.

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