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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Mitvollzug (Annahme) der Gnade; Gnade: transzendental - kategorial

Kurzinhalt: Kurz: für die normale Vollgestalt der personalen Selbsterschließung Gottes an den personal aktualisierten Menschen treten das innere Gnadenwort und das äußere geschichtliche Offenbarungswort als gegenseitig sich bedingende Momente ...

Textausschnitt: 14/1 Aber dennoch ist zu diesem Akt der göttlichen Neuschöpfung des Menschen durch die zuvorkommende Gabe Gottes dort, wo es sich um den Menschen handelt, der im Besitz seiner aktuellen personalen Freiheit ist, ein personaler Mitvollzug dieser Neuschöpfung in Glaube, Hoffnung und Liebe nicht nur notwendig, sondern inneres Moment an diesem ganzen Vorgang. Das ergibt sich schon daraus, daß nicht nur die Gnade der Vergöttlichung, sondern auch die Annahme dieser Gabe nach allen theologischen Quellen als Gnade charakterisiert werden muß, also diese Annahme der göttlichen Rechtfertigungsgabe selbst zur Gabe gehört, insofern diese Gnade als wirksame Gnade den Akt der Annahme in seiner Tatsächlichkeit und als erhebende Gnade in seiner Qualität bewirkt. Daraus ergibt sich, daß die freie personale Zustimmung von Gott selbst als solche bewirkt werden muß, d. h. als geistiger, personaler, um sich als Akt der Annahme wissender Akt. (318f; Fs)

15/1 Insofern also diese zuvorkommende, die Tat des Menschen als Faktum und in ihrer Qualität schenkende Gnade Gottes nach den theologischen Quellen als Erleuchtung und Inspiration zu qualifizieren ist, ist sie schon per definitionem «Wort», d. h. geistige Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur, besonders insofern diese Gnade ja nicht irgendeine sachhafte Wirklichkeit, sondern die reale Selbstmitteilung Gottes in der «ungeschaffenen» Gnade ist und (wenigstens nach thomistischer Lehre) jede entitativ übernatürliche Gnade auch bewußtseinsmäßig durch ihr übernatürliches Formalobjekt einen Bewußtseinszustand im Menschen schafft, der von keinem rein natürlichen Akt hergestellt werden kann. (319; Fs) (notabene)

16/1 Aber diese innere, schon in sich worthafte Selbstmitteilung Gottes kann allein für den normalen und vollentfalteten Vollzug ihrer Annahme nicht ausreichen. Sie wäre für sich allein gewissermaßen nur ein transzendentales, ungegenständliches und nicht reflektierbares Wissen um diese Gnadentat Gottes am Menschen. Mag das auch u. U. zum Heilsakt (auch als Glaubensakt gegenüber einer «Offenbarung») ausreichen, worüber hier nicht zu handeln ist, so ist durch dieses innere Gnadenwort allein ein entfaltetes und gegenständlich reflexes Selbstverständnis des Menschen um sich als glaubenden Empfänger der göttlichen Selbstmitteilung allein nicht möglich. Würde nämlich in dem inneren Gnadenwort, in der «Erleuchtung» durch die Gnade von innen allein die worthafte Selbstmitteilung Gottes schon vollendet sein, dann würde entweder der Mensch grundsätzlich und immer sein Heil nur in der unreflexen, ungegenständlichen Transzendentalität seines Wesens vollziehen, die Dimension des Kategorialen, Welthaften bliebe außerhalb des Bereiches des Heilshandelns, der Mensch wäre nur in seinem «Fünklein», in seinem geheimen Grund, nicht aber in der ganzen Breite seines Daseins mit all seinen Dimensionen von Gottes Heil beansprucht, oder der Mensch hätte schon eine absolute Sicherheit über seinen Gnadenzustand und letztlich schon die Visio beatifica, wenn er nämlich aus den Tiefen seines begnadeten Bewußtseins allein heraus die ganze Inhaltlichkeit dieser Begnadigung entwickeln könnte, weil die adäquate Reflektierbarkeit der inneren Vergöttlichung per definitionem «visio beatifica» ist. (319f; Fs) (notabene)

17/1 Dazu kommt, daß auf eine solche Weise auch die soziale Dimension des Menschen vom Heilsgeschehen nicht in Anspruch genommen würde. Ist der Mensch aber wesentlich und ursprünglich ein Wesen der Gemeinschaft auch noch in der Dimension der individuellsten Heilsentscheidung, dann kann das Wissen um seine Begnadigung nicht adäquat aus seiner inneren Erfahrung der Gnade allein kommen, sondern muß ihm (nicht exklusiv) auch von außen, von der Welt, von der Gemeinschaft, aus der geschichtlich vermittelten, sozialen Heilsgeschichte herkommen. Damit ist aber gesagt: das verkündigte Wort Gottes, also insofern es von der geschichtlichen, äußeren Heilstat Gottes als deren innerem Moment und von der Heilsgemeinde getragen ist, gehört zu den notwendigen inneren Momenten des Heilshandelns Gottes am Menschen. (320; Fs)

18/1 3. Als inneres Moment an dieser Heilstat Gottes partizipiert das Wort an der Eigentümlichkeit des Heilshandelns Gottes in Christus (und der Kirche). Um diesen Satz zu verstehen, ist auf die wesentliche Verbindung zwischen dem inneren Gnadenwort und dem äußeren, geschichtlichen, sozialen («kirchlichen») Offenbarungswort zu verweisen. Beide gehören wesentlich zusammen, sind selbst dort noch aufeinander hingeordnet, wo (vielleicht) eine faktische Trennung zwischen beiden in einem einzelnen Lebensschicksal obwalten könnte (worüber hier nicht gehandelt werden kann). Denn das äußere, geschichtliche Wort legt das innere Wort aus, bringt es für den Menschen zu einer reflexen kategorialen Selbstgegebenheit, zwingt in einer eindeutigeren Weise zu einer Stellungnahme des Menschen dem inneren Wort gegenüber, leitet die innere Begnadigung des Menschen in die Dimension der Gemeinschaft über und macht sie da anwesend, ermöglicht die Einschaffung der Gnade in die äußeren, geschichtlichen Lebensbereiche des Menschen. (320; Fs) (notabene)

19/1 Und umgekehrt: die innere Gnade als Glaubenslicht und innere Konnaturalität mit Gott gibt erst dem Menschen die Möglichkeit, das Wort Gottes, das von außen geschichtlich kommt, wirklich streng als Wort Gottes zu hören, ohne es dem Apriori seiner eigenen menschlichen Geistigkeit zu unterwerfen und es dadurch zu depotenzieren. Kurz: für die normale Vollgestalt der personalen Selbsterschließung Gottes an den personal aktualisierten Menschen treten das innere Gnadenwort und das äußere geschichtliche Offenbarungswort als gegenseitig sich bedingende Momente des einen Wortes Gottes an den Menschen zusammen. Und damit ist eben gegeben, daß dieses eine Wort in sich selbst eine Gnadentat Gottes am Menschen ist, ein Moment an seiner Tatoffenbarung. Und darum partizipiert es auch unweigerlich an dem Charakter des Heilshandelns Gottes am Menschen in Christus. Die Aussagen über das Heilshandeln Gottes am Menschen sind eo ipso Aussagen über das Wort Gottes (dieses in seiner Zweieinheit von innerem und äußerem Wort verstanden). Von da aus läßt sich die nächste These als Entfaltung der eben aufgestellten These verstehen. (320f; Fs) (notabene)

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