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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Protestanten, Katholiken: Theologie des Wortes, Offenbarung

Kurzinhalt: evangelische Christen: die Kirche des Wortes; Katholiken: die Kirche der Sakramente... Aber in der Praxis war es leider auf beiden Seiten doch fast schon so

Textausschnitt: 8/1 Es ist z. B. bezeichnend, daß man im Index systematicus des Denzinger keinen Abschnitt finden kann über «Das Wort Gottes», da der Abschnitt «De Revelatione» wegen seiner a priori doktrinären Ausrichtung nicht dafür gehalten werden kann. Es zeigt sich hier dieselbe Erscheinung, wie wir sie sonst in der Fundamentaltheologie beobachten: Offenbarung wird von vornherein in der Schultheologie im Gegensatz zur heutigen protestantischen und katholischen Bibeltheologie als Offenbarung rein lehrhafter Art von Sätzen und nicht als ereignishafte Tatoffenbarung betrachtet, in der Gott am Menschen schöpferisch und begnadend handelt und darin und dafür sein Wort sagt als inneres Moment an dieser seiner Tat am Menschen oder in der (biblischer gesagt) diese Handlung Wort ist, weil Gottes Wort wesentlich wirkt, was es sagt. - (316; Fs) (notabene)

9/1 Wenn die Gnadenlehre heute in einer Überwindung einer zu sachhaften Auffassung der Gnade das personale Moment an der Gnade (primär als ungeschaffene Selbstmitteilung Gottes gesehen) betont, dann kommt sie auch von daher zu einem Zugang zum Wort Gottes und zu einem umfassenderen Verständnis dieses Wortes als der Weise, in der eine Person sich einer anderen öffnet und frei mitteilt. - Wenn heute in einer Geltendmachung der Theologie der griechischen Väter die Menschwerdung selbst schon als ein Moment an der Erlösung selbst gesehen wird und nicht nur als die Konstitution dessen, der, wenn er will und sich in einem gewissermaßen ganz neuen Akt dazu hergibt, Erlöser sein kann, dann ist die Ankunft des fleischgewordenen Logos des Vaters fast unabweislich als radikalster Fall eines heilswirksam schaffenden Wortes Gottes überhaupt gesehen und ruft nach einer Theologie des Wortes Gottes als einer soteriologischen Größe überhaupt. Dies würde noch deutlicher werden, wenn die Menschwerdung des Logos nicht als die Inkarnation irgendeiner der drei göttlichen Personen gesehen würde, so daß es auch jede andere Person ebensogut sein könnte, die Mensch wird, sondern als Inkarnation des Logos gerade und genau als solchen, der wegen seiner innertrinitarischen Eigentümlichkeit gerade der ist, der Mensch wird und allein werden kann. - (316f; Fs) (notabene)

10/1 Die größere Gesprächsnähe, die heute wieder zwischen katholischer und evangelischer Theologie besteht, drängt uns zu einer Neubesinnung auf eine Theologie des Wortes. Die katholische Theologie hat sowenig wie das Lehramt zwar jemals die Formel annehmen können, daß die Gemeinschaft der evangelischen Christen die Kirche des Wortes und wir Katholiken die Kirche der Sakramente seien. Aber in der Praxis war es leider auf beiden Seiten doch fast schon so. Bei den Evangelischen der letzten Jahrhunderte seit der Aufklärung war (in Auswirkung eines genuin protestantischen Impulses) die Predigt fast alles und die Sakramente fast nur so etwas wie ein bloß traditionell erklärbares Anhängsel und Relikt an der Verkündigung der reinen Lehre. Und bei uns war es praktisch fast so, daß man alles Wort nur auffaßte als unvermeidliche Vorbereitung auf die Sakramente (und ein christliches Leben), die selber aber etwas ganz anderes als Wort sind, weil sie ja gewiß keine «Belehrung» sind «über etwas». Nun aber beginnt die evangelische Theologie doch die Sakramente wieder ernster zu nehmen, in ihrer wesentlichen und unersetzlichen Bedeutung für das christliche Dasein zu sehen. Und wir reflektieren ausdrücklicher darauf, daß wir die Kirche des Wortes Gottes sind und dies nicht bloß bedeutet, daß die Kirche die Schulstube Gottes ist, in der man darüber belehrt wird, wie man sich verhalten müsse, wenn man nämlich die Sakramente empfängt oder im Leben sich ordentlich aufführen muß. (317; Fs)
11/1 Es handelt sich also darum, in einer Theologie des Wortes dessen Wesen als Wort Gottes in der Kirche herauszustellen. Dabei kommt es hier nur auf jene Merkmale dieses Wortes an, die für das innere Verhältnis von Wort und Sakrament von unmittelbarer Bedeutung sind. Es versteht sich von selbst, daß diese Theologie des Wortes auch in dieser Einschränkung hier nicht eigentlich entwickelt und aus den theologischen Quellen bewiesen werden kann. Es soll nur der Versuch gemacht werden, wenigstens in einer Reihe von Thesen das Allerwichtigste zu sagen und eben noch anzudeuten, worin vermutlich ungefähr die theologische Begründung der aufgestellten Sätze liegen könne. (317f; Fs)

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