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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Kirche, Ursymbol

Kurzinhalt: Kirche: das Gegenwärtigbleiben des menschgewordenen Wortes in Raum und Zeit

Textausschnitt: 296a Aus dem dort Gesagten ergibt sich, daß der Logos als Sohn des Vaters in seiner Menschheit als solcher in aller Wahrheit das offenbarende, weil das Geoffenbarte selbst gegenwärtig setzende Symbol ist, in dem der Vater sich in diesem Sohn selbst der Welt sagt. Aber damit wäre eigentlich eine Theologie des Symbols von der Inkarnationslehre her erst am Anfang, nicht am Ende. Denn von hier aus müßte nun bedacht werden, daß die natürliche Tiefe der (an sich innerweltlichen oder bloß natürlich auf Gott transzendierenden) Symbolwirklichkeit aller Dinge realontologisch eine unendliche Ausweitung dadurch erhalten hat, daß diese Wirklichkeit auch Bestimmung des Logos selbst oder seiner Umwelt geworden ist. Jede gottentsprungene Wirklichkeit, wo sie echt und unverdorben ist, wo sie nicht zu einem rein menschlichen Mittel und Nutzwert degradiert ist, sagt ja viel mehr als nur sich selbst, meint und tönt immer das Ganze der Wirklichkeit überhaupt (in seiner je eigenen Weise). Spricht die einzelne Wirklichkeit im Anwesendseinlassen des Ganzen auch von Gott (letztlich durch die transzendentale Verwiesenheit auf ihn als die exemplarische, effiziente und finale Ursache), so erhält diese Transzendenz eine (wenn auch nur für den Glauben erfaßbare) Radikalität dadurch, daß nun in Christo diese Wirklichkeiten nicht mehr bloß auf Gott als die Ursache, sondern auf den Gott hinweisen, dem diese Wirklichkeiten selbst als seine substantielle Bestimmung oder seine ihm eigene Umwelt angehören. Das fleischgewordene Wort läßt alles in sich bestehen (Kol 1,17), und darum hat alles auch in seiner Symbolhaftigkeit eine unergründliche Tiefe, die nur der Glaube auszuloten vermag. Was so ganz abstrakt gesagt ist, gälte es im einzelnen, angewendet auf die Einzelwirklichkeiten (Wasser, Brot, Hand, Auge, Schlaf, Hunger und tausend andere Dinge des Menschen und seiner ihn tragenden und auf ihn bezogenen Umwelt) zu verdeutlichen, wenn man wissen wollte, welche Theologie der Symbolwirklichkeit eigentlich dadurch begründet worden ist, daß der Logos als das Wort des Vaters in der "Abkürzung" seines Menschenwesens den Vater aussagt und sein ihn der Welt mitteilendes Symbol ist. - Wenn wir sagen, daß die Kirche das Gegenwärtigbleiben des menschgewordenen Wortes in Raum und Zeit ist, dann sagen wir damit auch sofort, daß sie diese Symbolfunktion des Logos in der Welt fortsetzt. Um diesen Satz richtig zu würdigen, sind zwei Dinge zu bedenken. Einmal: dort, wo eine Wirklichkeit, die im Symbol kundgetan werden soll, selbst eine total menschliche, also auch eine gesellschaftliche und existentielle (freiheitliche) Seite hat, ist eine gesellschaftliche und darum juridisch bestimmte Eigentümlichkeit des Symbols kein Argument dafür, daß dieses Symbol nur ein willkürliches Verweis und Vertretungssymbol und kein Realsymbol sei. Wo eine freie Entscheidung im Symbol kundgetan und in ihm selbst vollzogen werden soll, ist die juridische Verfaßtheit und die freie Gesetztheit gerade das, was aus dem Wesen eines Realsymbols heraus in diesem Fall gefordert und erwartet werden muß. Eine Wirklichkeit, die nicht existentieller Art ist, kann sich nicht auf diese freie und juridisch verfaßte Weise so ausdrücken, daß das Symbol gleichzeitig auch Realsymbol ist, das die Wirklichkeit des Symbolisierten selbst enthält, weil diese sich selbst in dieses andere des Symbols hineinvollzogen hat. Dies würde dem Wesen dieses bestimmten Symbolisierten widersprechen. So aber liegt der Fall nicht, sondern genau umgekehrt, wo es sich um eine Wirklichkeit handelt, die eine freie Setzung Gottes selbst ist und eine gesellschaftliche Struktur hat. Wenn eine solche sich in einer frei gesetzten und gesellschaftlich-rechtlich gestalteten Symbolhaftigkeit gegenwärtig setzt, entspricht dies nur ihrem Wesen und ist keine Instanz gegen eine Realsymbolik1. Die Kirche aber (auch in ihrer pneumatischen Wirklichkeit) ist freie Setzung der erlösenden Tat Christi und eine gesellschaftliche Größe. Wenn sie also in juridisch gesetzter Weise verfaßt ist, widerstreitet dies nicht dem Satz, daß sie das Realsymbol der Gegenwart Christi, seiner endgültigen Heilstat in der Welt und so der Erlösung ist. Zum anderen: die Kirche ist nach ihrer eigenen Lehre (besonders bei Leo XIII. und Pius XII.) nicht nur eine gesellschaftliche und rechtlich verfaßte Größe, sondern zu ihrem Wesen gehört die Heilsgnade, der Heilige Geist selbst. Damit ist aber gegeben, daß dieses Symbol der Gnade Gottes wirklich enthält, was es anzeigt, daß es das Ursakrament2 der Gnade Gottes ist, das nicht nur bezeichnet, sondern auch besitzt, was durch Christus endgültig in die Welt gebracht worden ist: die reuelose, über die Schuld der Menschen siegreich triumphierende, eschatologische Gnade Gottes. Kirche als unzerstörbare, als Kirche der unfehlbaren Wahrheit und als Kirche der Sakramente, als opus operatum und als (für das Ganze der Kirche) auch in der subjektiven Gnade der Menschen unzerstörbar heilige (und darin sogar selbst noch Glaubensmotiv, nicht nur Glaubensgegenstand seiende) ist wirklich das erfüllte Symbol dafür, daß Christus da-geblieben ist als das siegreiche Erbarmen. (Fs)

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