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Autor: Finance de Joseph

Buch: Grundlegung der Ethik

Titel: Grundlegung der Ethik

Stichwort: Intentionalität; Wollen - Ziel ( p -> a; a -> a); amor concupiscentiae

Kurzinhalt: Entweder findet das Subjekt im Besitz des Zielgutes seine Vollendung, die Befriedigung seiner Strebungen

Textausschnitt: 31. Das intentionale Bezogensein des Wollens auf das Ziel ist aber nicht eindeutig, sondern läßt sich auf zwei Arten begreifen . (83; Fs)
a) Entweder findet das Subjekt im Besitz des Zielgutes seine Vollendung, die Befriedigung seiner Strebungen, die Aktuierung seiner Möglichkeiten usw. In dieser Hinsicht ist das Ziel Objekt des Begehrens, oder vielmehr - denn das Begehren hat es am Guten eher mit dem Wertaspekt zu tun (23) - wird das Ziel als etwas Begehrenswertes gewollt und gesucht; radikaler gesagt: das Ziel wird als Objekt einer begehrlichen Liebe - oder um in einer zugleich mehr antiken und modernen Sprache zu reden: als Objekt des Eros erstrebt. Das begehrliche Lieben (amor concupiscentiae) ist nicht das Begehren selbst, sondern jenes Wohlgefallen am Guten, das sich dann zum Begehren entwickelt, wenn das Gute seine Abwesenheit fühlbar macht. Es handelt sich aber um ein Wohlgefallen, das auf das Subjekt, als dessen Vollkommenheit das Objekt erscheint, zentriert ist. (83; Fs)
Daher ist das angezielte Gut im Grund nur die thematische Vermittlung eines verborgeneren Ziels: des Subjekts selbst. ...

b) Oder es bezieht sich das Subjekt auf das Ziel, nicht um von ihm eine Bereicherung, eine Vervollkommnung, eine Aktuierung seiner Möglichkeiten usw. zu erhalten, sondern um seiner selbst willen, wegen seiner Vorzüglichkeit und seines wesenhaften Liebenswertseins. Das Subjekt nimmt hier nicht mehr die Haltung des Bettlers (die im Begehren immer mehr oder weniger enthalten ist) ein: eigentlich erwartet es sich vom Objekt gar nichts: es liebt es bloß und hat sein Wohlgefallen an ihm, und zwar ein Wohlgefallen, das ganz anders ist als im Eros, weil es frei ist von jeglichem Eigennutz. Es ist dies eine Zuneigung und Anhänglichkeit, ein wortloses Ruhen, ein stilles Einswerden. Der Zweck wird in dieser Form als Liebesobjekt im reinsten Sinn des Wortes gewollt: als Objekt einer freundschaftlichen Liebe. Und diese Zielgerichtetheit, die es auf nichts anlegt oder vielmehr deren einziges Anliegen das Geliebte an sich selbst ist, steht nicht mehr im Dienst eines auf das Subjekt zurückgewendeten Zielstrebens, sondern ist causa sui und damit Freiheit. (84; Fs)
31c Ontologisch gründet diese Beziehung in der Ähnlichkeit, oder um einen allgemeineren Ausdruck zu gebrauchen: in Beziehung des Akts zum Akt, eine Beziehung, die wir von nun an "Bezugstyp a -> a" nennen wollen. Da es hierin dem Subjekt nicht mehr darum geht, in der Berührung mit dem Anderen zu größerer Fülle zu kommen, zeigt sich das Subjekt dem Anderen nicht als eine zu füllende Hohlform. Das Subjekt mag zwar in sonstigen Hinsichten recht beschränkt, gebrechlich und bedürftig sein, doch das kennzeichnet das Subjekt, insofern es ein Liebendes ist, nicht näher. Das freundschaftliche Lieben als solches bringt keineswegs ein Bedürftiges mit einem Hochherzigen zusammen, sondern eint zwei Hochherzige, die beide ihre Unbedürftigkeit durch ihr freies Hingeben und ihr freies Annehmen erweisen. (84f; Fs) (notabene)

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